Cassandras Kopfkino
Donnerstag, 31. August 2006
FALLS SICH JMD. FRAGT, WAS ICH SO GETRIEBEN HABE...
cassandra, Donnerstag, 31. August 2006, 14:08
Filed under: Auf Reisen


Großes Kino: die Musik wird vom Hans Zimmers Team komponiert, den Helikopter fliegt der weltbeste Filmpilot (The Bourne Identity, X-Men, Da Vinci Code, Gladiator, Ronin, etc.), an der Kamera hätten wir den 2nd Unit Operator von Mr. & Mrs. Smith und Italien Job. So viel Geld & Stress für 45 Sekunden...

Allen, die in Kürze auf (Flug)Reisen gehen kann ich aus meinem neu-gewonnenen Erfahrungsschatz ein paar Tipps geben. Keine Panik. Niemand muss 4 Stunden vor Abflug irgendwo erscheinen, wenn er nicht über London oder Paris fliegt.
Die Sicherheitskontrollen für innereuropäische Flüge dauern genauso lange wie vorher und für Flüssigkeiten interessiert man sich nur gelegentlich.
Ein wenig aufregender wird es, wenn man in Begleitung zweier Katzen fliegt. Bevor jetzt jemand die Hände vor Entsetzen über dem Kopf zusammenschlägt: ich bin nicht in Begleitung meiner Süßen durch die Weltgeschichte gereist, sondern lediglich nach Berlin, um sie für ein paar Monate bei meinen Eltern zwischenzuparken (gut, dass ich keine Kinder habe...).
Im Vorfeld hatte ich mich nach den Umständen bzgl. des Transportes von Kleintieren schlau gemacht. Man muss nicht nur 5 Euro pro Kilo Katze Übergepäck zahlen, sondern sie in einen Korb verfrachten, der UNTER den Sitz passt. Da dies selbst schon bei einer Katze unter anzeigepflichtige Tiermisshandlung fällt, bliebe Möglichkeit Nummer 2: einen speziellen Transportkorb für 60 Euro am Flughafen erstehen und das Getier im Frachtraum mitfliegen lassen.
Aus reiner Faulheit Tierliebe ignorierte ich vorbeugend sämtliche Auflagen und stoss auf keinerlei Probleme. Sämtliche Flughafen- und Airlineangestellten gootschiten die Vierbeiner und fühlten sich sofort veranlasst, mir die Geschichten ihrer häuslichen Gefährten zu erzählen.
Bis ich zur Röngtenkontrolle gelangte. Der Herr an der Sicherheitsschleuse zwinkerte mir zu: "Sie wissen, was jetzt passiert?". Ich verneinte und fragte, ob er denn jetzt im Ernst von mir erwartete, die Katzen röngten zu lassen. Mitnichten. Die Katzen nicht. Aber den Korb. Also stand ich mit einer vollkommen hysterischen und einer panisch gelähmten Katze auf dem Arm mitten auf dem Flughafen, bis der Korb die ausführliche Untersuchung überstanden hatte.

Der Flughafen Charles de Gaulle, von dem aus ich nach Amerika fliegen musste, entsprach im Vergleich dazu der absoluten Hölle. Fünf Flieger gehen ungefähr zur selben Zeit in die Staaten. Wie wir auf dem Rückflug feststellen durften, sind die Franzosen nicht nur sehr intolerant, was ihre Startzeiten angeht und verweigerten uns den Zutritt zum Anschlussflug, der erst in 10 Minuten gehen sollte und wo wenige Sekunden vorab die letzten Passagiere gebordet hatten und verlieren das Gepäck (meine Kollegin wartet seit ein-einhalb Wochen auf ihren Rucksack), sondern schaffen es, für die gesamte Abfertigung der 5 USA Flieger gerade mal zwei Sicherheitsschleusen zur Verfügung zu stellen. Diese Tatsache resultierte in eine ca. 500 Meter lange Schlange mit ungefähr 1.000 Warteten. Wenigstens warten diese Flugzeuge bis auf den letzten Passagier. Das man während dieser 2 stündigen Wartezeit aber auch nur ein einziges Getränk (in der Business Class!) gereicht bekommt, kann man sich jedoch abschminken.

London ist ebenfalls ein Träumchen. Vorsorglich habe ich sämtliche Feuerzeuge und Kosmetika schon vorab weggeschmissen, aber das eigentliche Problem ist das Handgepäck an sich. Da ich eine sehr teure Optik in einem Stahlkoffer transportieren musste, wurde ich das erste Mal zurück geschickt. Der Koffer war zu groß und erlaubt lediglich eine Tasche in der Größe eines Laptops. Das einzige Taschengeschäft auf dem Flughafen freut sich sehr darüber. Für schlappe 60 Pfund erstand ich eine neue und checkte den leeren Koffer ein. Trotzdem wurde mir der Zutritt zum Sicherheitsbereich ein zweites Mal verweigert, weil lediglich ein Gepäckstück an Bord erlaubt ist und meine winzige Handtasche leider störte.
Mit Anstehen und neuenm Gepäck kaufen etc. braucht man also schon 4 Stunden für einen inner-europäischen Flug.
Für die Optik, die wie ein riesiges Zielfernrohr auf dem Röngtenbildschirm abgebildet wurde, hat sich übrigens niemand interessiert.


P.S.: Die Bilder oben sind leider alle zusammen geklaut. Abgesehen von dem Helikopterbild oben und diesem Fototapetenhintergrund kam ich leider nicht zum fotografieren...
P.P.S.: An den Farben habe ich nichts in Richtung kitschig gedreht. Die sind so, weil gecrosst.


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Sonntag, 12. Februar 2006
MEIN WUNDERVOLLER JOB ... ätsch
cassandra, Sonntag, 12. Februar 2006, 08:04
Filed under: Auf Reisen
Mein neues Büro.

Der Blick aus meinem neuen Büro.

Feierabend im Büro.

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Dienstag, 7. Februar 2006
LIEBE FREUNDE
cassandra, Dienstag, 7. Februar 2006, 22:33
Filed under: Auf Reisen
der belanglosen Unterhaltung:
Morgen um diese Zeit sitze ich im Flieger nach Uruguay.
Es wird wohl erst mal still hier, weil ich keine Ahnung habe, wie es mit dem Internet klappt.
Am meisten freue ich mich auf den Flug: kein Telefon, niemand, mit dem ich reden muss, ein Glas Wein, ein Buch, ein Film und etwas schlafen.
Wenn man rauchen dürfte, würde ich eine Woche im Flugzeug verbringen.
Na gut, ein wenig freue ich mich ja schon auf Südamerika, auch wenn's nur Arbeit ist.

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Freitag, 2. Dezember 2005
GUTER START INS NEUE JAHR
cassandra, Freitag, 2. Dezember 2005, 15:13
Filed under: Auf Reisen
Hier fahre ich ab dem 23. Januar hin. Jippiejippiejeh, Hurra. Und es kostet noch nicht mal Geld, weil ich dort arbeiten muss.
Ach nee, wie schön.

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Freitag, 25. November 2005
GEISTIGE KÖRPERLICHE DEFIZITE
cassandra, Freitag, 25. November 2005, 20:48
Filed under: Auf Reisen
Wenn man nach der Landung auf dem heimatlichen Flughafen herdentriebig der Masse durch den Handgepäckausgang folgt, um danach festzustellen, dass der eigene Koffer herrin-los seine Kreise auf dem Gepäckband zieht, (Ich erspare mir ausführliche Schilderungen diverser Bittgänge inklusive des Eingeständnisses vollkommener Blödheit, um wieder in den Sicherheitsbereich zurückzukehren.) sollte man in Betracht ziehen, dass man mal wieder mehr als vier Stunden Schlaf pro Nacht braucht. (Oder weniger Alkohol konsumieren sollte.)

Vielleicht sollte man sich auch nachmitternächtliche Fotosafaries zu einem von Calatrava erbauten Bahnhof in Zürich ersparen. Vermutlich werde ich nie erfahren, wie fallender Schnee sich auf langzeitbelichteten Fotos abbildet, jedoch bin ich jetzt um die Erfahrung reicher, was selbiger mit Spiegelreflexkameras anstellt: setzt man letztere zirka fünf Minuten dem Schnee aus, erleiden sie einen elektronischen Herzinfarkt und sterben einen grausamen Tod. Schade eigentlich, denn ich hätte noch die ganze Nacht fotografieren können. Während ich durch meine Kamerawiederbelebungsversuche abgelenkt war, wurde nämlich die Sperrstunde auf dem Bahnhof eingeläutet und sämtliche Ausgänge mit Rollgittern verriegelt. Ich habe schon immer davon geträumt, aus Versehen nachts wahlweise im La Fayette oder im Kaufhaus des Westens eingeschlossen zu werden, doch der Reiz eines S-Bahnhofes bei minus zehn Grad im Schneetreiben ist auch nicht zu unterschätzen.

Ich gehe jetzt mal schlafen.

P.S.: Santiago Calatrava ist übrigens wirklich sehr geil. Wer ihn noch nicht kennt, am besten Slide Show anclicken.

P.P.S.: Kamera lebt wieder. Gestern nacht noch alles getrocknet und Batterien entfernt. Soeben neue Batterien eingelegt. My Baby is back.

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Mittwoch, 5. Oktober 2005
EASY RIDER
cassandra, Mittwoch, 5. Oktober 2005, 22:29
Filed under: Auf Reisen

Motorräder und ich stehen miteinander auf Kriegsfuss.
Selbstverständlich geht diese Abneigung nicht von meiner Seite aus. Ich liebe diese Dinger und gefalle mir in der Vorstellung, in schwarzer, enganliegender Lederkluft mit hochhackigen Stiefeln auf einer riesigen Maschine zu sitzen. Die Pferdestärken vibrieren zwischen meinen Schenkeln, der Fahrtwind peitscht um meine Ohren, in den Kurven schwebt meine Schulter dicht über der Erde. Ich fahre eine verlassene Landstrasse entlang und halte an einer schäbigen Spelunke, die sich, glaubt man dem Neonschild, das über dem Eingang hängt, Ruths Bar nennt. Durstig steige ich von meinem Ross, betrete das Zwielicht hinter der großen Holztüre, steuere den Tresen an und bestelle ein Glas Rotwein. Der langhaarige Kerl neben mir schaut mich über sein Whiskyglas hinweg an und sagt: „Geht auf mich, Baby“. Ein arrogantes Lächeln spielt um meine Mundwinkel. Ich leere das Glas in einem Zug. Dann stehe ich auf und werfe, wenige Meter von der Tür entfernt, einen kurzen, letzter Blick über meine Schulter: „Keine Zeit, BABY. Die Straße ruft.“ Unter der ganzen Szene liegt ein Song von ACDC.

In einer Welt gefüllt von spitzen Kieselsteinchen und eisenhartem Beton bringt mich das Besteigen eines Motorrades schnell auf den Boden der Realität zurück. Instinktiv nimmt die Maschine mein gespaltenes Verhältnis zu elektrischen und motorisierten Gerätschaften war. Sie weiss, dass der blosse Kontakt mit mir den Beginn eines schnellen Endes markiert und stürzt sich in einen unerbitterlichen Kampf um Leben und Tod. Frohen Mutes steige ich in den Sattel. Die Maschine versucht nach links auszuweichen, obwohl ich nach rechts lenke, dann beginnt sie zu bocken, um meinen Willen zu brechen. Hilft dies immer noch nicht, greift sie auf eine heimtückische List zurück. Sie gibt vor, sich mir zu unterwerfen, verleitet mich zu rasanten Fahrmanövern, nur, um mich im entscheidenden Augenblick brutal abzuwerfen.

Im zarten Alter von 17 Jahren sass ich zum ersten Mal auf einem Motorrad. Ich befand mich inmitten meines dritten Tages eines einjährigen USA Austauschjahres. Mein amerikanischer Vater versuchte – trotz aller Verbote, überhaupt auf einem Motorrad MITzufahren – mir das Fahren beizubringen. Ich hinterliess einen exzellenten ersten Eindruck bei meiner neuen Familie, indem ich – nachdem ich einen Tag zuvor (auf Grund der Umstellung und des Jetlags) den alten Chevy vollgekotzt hatte – bei dem Versuch eine enge Kurve zu nehmen, einen eleganten Salto über den Lenker vollzog. Ein aufgerissenes Knie, eine mehrstündige Odyssee durch amerikanische Krankenhäuser auf dem Lande, ein Haufen Heftklammern im Bein, ein Paar Krücken für die kommenden Wochen und ein gesunder Respekt vor Motorrädern waren die Folgen.



Mein Baby auf Bali. Da noch intakt.

Ich brauchte ganze zehn Jahre, um den kleinen Schrecken zu überwinden und erneut dem Ruf der Freiheit der Straße zu folgen.
Spontan entschloss ich mich, für zwei Wochen allein durch Indonesien zu reisen. Eine Woche Java, eine Woche Bali. Auf beiden Inseln schlug ich ein Basislager auf, von dem aus ich auf eintägigen Touren das Inland entdecken wollte. Erstaunlicherweise wird selbst einem motorradtraumatisierten und nicht-des-fahrens-mächtigen Kaputt-Mach-Persönchen wie mir in Indonesien auf Vorlage eines rosafarbenen Stück Papiers mit deutscher Schrift ein Fahrzeug ausgehändigt. Ich hätte auch meinen Impfausweis bei der Vermietung vorlegen können, hätte er ein Foto von mir enthalten.
Ich verbrachte zwei wundervolle, einsame Wochen auf der Straße. Die Erinnerungen an endlose Reisterrassen, hunderte Tempelanlagen, uralte Grabstätten, prägende Erfahrungen in Verbindung mit der körperlichen Hygiene, sechs Unfälle und zwei zerstörte Motorräder hinterlassen noch heute ein wehmütiges Ziehen in meinem Bauch.
Das Fahren in Indonesien ist eine recht pikante Angelegenheit.
Da biegt man gerne mal ein Liedchen pfeifend, an Cocktailkellner in knappen Shorts denkend, rechts ab und wird plötzlich mit einem Batallion von Autos und Motorrädern konfrontiert, die in der falschen Spur stehend an der Ampel warten und deren Fahrer einen anschauen, als hätte frau zwei Tampons in den Nasenlöchern stecken. Ja ja. Die Tücken des Linksverkehrs.



Nix mit indonesischem Sunteint. Reiner Russ.

Nach der ersten Fahrt über die Landstrassen von Java, weiss man die Existenz von Katalysatoren und Abgasfilterzeugs in europäischen Fahrzeugen erstmalig wahrlich zu schätzen. Ein paar Minuten auf der Strasse genügen, um das Gesicht mit einer feinen Schicht schwarzen Russ’ zu pudern.

Ich erinnere mich an einen ereignisreichen Tagesausflug. Er begann morgens um halb fünf, damit ich auch ja rechtzeitig zum Sonnenaufgang bei irgendeinem Tempel sein konnte.
Man neigt leicht dazu, die Entfernungen zu unterschätzen. Um eine scheinbar kurze Strecke von ca. 50 Kilometer zurückzulegen, braucht man gut und gerne 1,5 Stunden, rechnet man die Zeit ein, die man durch’s Verfahren verplempert, verdoppelt sich diese Prognose recht schnell.
Ich fuhr also zu diesem Tempel, machte meine Sonnenaufgangsfotos und setzte meinen Weg zu einem Plateau fort. Dort liessen sich Schwefelquellen bewundern und beriechen und von dort aus war es auch nicht mehr weit zu einem Vulkansee.
Das bunt schillernde Wasser, die pittoresken Berge im Hintergrund erweckten meinen fotografischen Ehrgeiz. Eigentlich hätte ich es vorher wissen müssen. Jedes Mal, wenn ich versuche, ein Postkartenmotiv so unique und einzigartig zu fotografieren, das man das Gefühl bekommt, es noch nie gesehen zu haben, geht dies in der Regel voll in oder auf die Hose.
Bei meinem Versuch diese eine berühmte Häuserzeile in San Fransisco zu fotografieren (die man auch immer im Vorspann von „Full House“ sieht), robbte ich mal auf allen vieren mit dem Bauch über einen Hügel, um einen möglichst ungewöhnlichen Blickwinkel zu entdecken. Als ich merkte, dass es sich bei dem Hügel um eine Hundespielwiese handelte, war es bereits zu spät. Ich lag inmitten eines großen Exkrementehaufens.
Doch zurück zu den Ereignissen auf der anderen Seite der Erhalbkugel.
Ich schlug mich durch’s Dickicht, das den See umgab, in der Hoffnung, möglichst nahe an’s Wasser zu kommen. Plötzlich gab der Boden unter einem meiner Füsse nach. Der Fuss wurde von einer unsichtbaren Macht im Inneren der Erde abwärts gezogen. Der spitze Schrei einer Frau ertönte. In meinem Entsetzen brauchte ich einen Moment zu erkennen, dass er aus meiner Kehle stammte. Da mein Bein bereits ein beträchtliches Stück von der Erdoberfläche entschwunden schien, setzte ich zu einem Sprung nach vorn, in Richtung Wasser an. Ich verlor nicht nur meinen Schuh, der sich weigerte in der Gesellschaft meines Fusses zu verbleiben, sondern sank an meinem neuen Aufenthaltsort nun mit beiden Beinen ein. Panisch hüpfte ich mit einem weissen Socken und einem verbliebenen Schuh zu meinem ursprünglichen Punkt zurück. Nachdem ich einmal kurz Luft geholt hatte, sprang ich einen wilden Kampfschrei ausstossend zurück zu meinem Schuh, um ihn aus dem Höllenschlund zu retten.


Halb Fünf aufstehen, um hier im Sonnenaufgang fotografiert zu werden.



Der niederträchtige See, der versuchte, mich zu verschlingen.



Nach erfolgter Selbstrettung und Sockenverbrennung.

Erst als ich schwer atmend in Sicherheit war und überlegte, was ich mit dem ganzen Schlamm an meinen Beinen anfangen sollte, sah ich, dass sich in der Zwischenzeit eine Gruppe von Einheimischen mit gezückten Fotoapparaten in der Nähe versammelt hatte. Als ich sie entdeckte, winkten sie mir freundlich lachend zu.
Die Freundlichkeit der Indonesier ist tatsächlich bemerkenswert.
Ich möchte gar nicht auf die einzelnen Unfälle eingehen, da einige von ihnen gar nicht der Rede wert waren. Zweimal hatte es mich richtig erwischt. Bei ziemlich hoher Geschwindigkeit warf es mich aus dem Sattel. Derartige Vorfälle bieten Alleinreisenden vortreffliche Chancen, echte, vom Tourismus unverdorbene Inselbewohner kennenzulernen. Ein solcher Sturz spricht sich nämlich in Windeseile im Dorf herum und schon eilt man und frau herbei, um zu helfen. Auf diese Weise fand ich mich mehrmals von einer Menschentraube umzingelt, die unverständlich auf mich einredete, wieder. Sofort verfiel man in ein klassisches Rollenverhalten. Sobald die Männer sich davon überzeugt hatten, dass ich am Leben war, kümmerten sie sich um das Motorrad und versuchten, es aus dem Strassengraben zu bergen. Währenddessen waren die Frauen damit beschäftigt, mir Wasser zu reichen, die Schürfwunden zu säubern und mir auf indonesisch gute Tips für die Wundheilung zukommen zu lassen. Ich hatte bereits sehr früh den Satz: „Vielen Dank für Ihre zuvorkommende Gastfreundschaft und Aufmerksamkeit.“ auf Indonesisch gelernt und sprach ihn in derartigen Situationen mantraartig vor mich hin.

An jenem Tag als der See meine Beine verschluckte, blieb mir glücklicherweise ein schwerer Unfall erspart. Stattdessen hatte ich für diesen Tag die Nase voll von pittoresken Landschaften und Tempeln und beschloss, mich auf den Heimweg zu machen. Ich wusste nicht, wie lange die Heimfahrt dauern würde, da ich auf dem Hinweg viele Zwischenstopps eingelegt hatte. Doch wie das Schicksal nun manchmal spielt, schien sich die Insel im Laufe der letzten Stunden vergrößert zu haben. Vielleicht hatte der Zwischenfall am See zu einer Art Plattenverschiebung geführt? Wo ein Vulkansee ist, kann ein Vulkan nicht weit sein...
Die Strecke zog sich endlos. Stundenlang fuhr ich auf meinem Motorrad geradeaus. Inzwischen war es längst stockdunkel. Die Nächte in Indonesien sind schrecklich kalt und so war es nicht verwunderlich, dass ich mir auf meiner Maschine den Arsch abfror. Nach drei Stunden Fahrt erreichte ich endlich ein kleines Städtchen, das ich von der Hinfahrt wiedererkannte. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass es von dort aus noch mal ein ganzes Weilchen dauern würde. Vollkommen übermüdet und halb erfroren stoppte ich vor einer Art Kaufhaus. Ich marschierte schnurstracks hinein und griff mir wahllos einen Rollkragenpullover und eine Jacke von einem Ständer. Die Verkäufer starrten mich fassungslos an. Ihre missbilligenden Blicke verfolgten mich bis in die Umkleidekabine.
Dort starrte mich ein mir vollkommen fremdes Wesen aus dem Spiegel an. Das Gesicht war schwarz und verschmiert. Die Augen blutunterlaufen. Da, wo sich normalerweise meine Haare befinden, thronte ein filziges Gewirr, das aussah, als hätte eine Horde Kaninchen sich in einem Strohhaufen zu Tode gevögelt. Meine einstmals helle Kleidung war grau und ab dem Knie abwärts schlammverkrustet. Die Farbe der Schuhe konnte man nicht einmal mehr erkennen. Verschämt bezahlte ich und setzte meinen weg fort. Ich habe keine Ahnung, wie ich jemals ins Hotel zurückkam, aber mein Körper erinnerte mich noch in den darauf folgenden Tagen an diesen hübschen Ausflug.

Es handelte sich auch um eine meiner letzten größeren Touren. Einen Tag später stürzte ich erneut vom Motorrad und da das Fahrzeug immer auf die gleiche Stelle fiel, brach dieses mal das Ding ab, wo man mit dem Fuss drauf steht. Solider Stahl. Einfach abgebrochen. Von da an musste ich mit einem Fuss in der Luft fahren, bis ich ein paar Jungs fand, die es für 2 Euro wieder anschweissten.
In Bezug auf die „Reparaturen“ der Motorräder hatte ich wirklich Glück. Auf Bali stellte ich das zusammengeschweisste Motorrad einfach wieder beim Verleiher ab und warf den Schlüssel ein.
Auf Java gestaltete sich die Sache schon etwas komplizierter. Nach einer Woche in Gebrauch war das vordere Schutzblech gesprungen, Gepäckträger und Lenker total verbogen, einige Schrauben verschwunden und der eine oder andere Kratzer hinzugekommen.
An dem Tag, als ich das Gefährt zurückgeben sollte, wandte ich mich an die Hotel-Rezeption und bat um Hilfe. Irgendein Manager riss sich dafür fast das Bein aus. Seine Jungs im Hotel reparierten das nötigste (kostenlos) und er brachte mich dann zum Verleiher. Dort gab er sich als mein Freund aus. Man diskutierte ein wenig und dann lud ich den Herrn Manager auf eine Cola ein.

Trotz der körperlichen Strapazen war mein Indonesien Aufenthalt mein bisher schönster Urlaub. Nur auf ein Motorrad habe ich mich seitdem nie wieder gesetzt. Mal sehen, vielleicht versuche ich es in ein paar Jahren noch einmal.


Suchbild. Kleiner Tip: Helmhaare.

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Montag, 22. August 2005
BLEIBE GESUCHT
cassandra, Montag, 22. August 2005, 18:10
Filed under: Auf Reisen
Hat irgendwer einen Tip für ein schnuckeliges, süßes, hübsches, verträumtes Hotel in Venedig, dass nicht gleich ein Vermögen kostet?

Ich habe mir so etwas in der Art vorgestellt:


(Nur ca. 50 Euro billiger....)

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Montag, 18. Juli 2005
FEELS LIKE COMING HOME
cassandra, Montag, 18. Juli 2005, 14:10
Filed under: Auf Reisen
Ich habe den Flughafen München eigentlich immer gehasst.
Frankfurt ist natürlich ebenfalls überdimensional gross, aber die dürfen das auch. Entweder ist der Reisende eh' schrecklich aufgeregt, weil er eine spannende, lange Reise antritt oder so übermüdet, dass er mechanisch die Füße Schritt um Schritt ungeachtet der weiten Wege vorwärts bewegt.
Die unglaublich langen Wege auf dem Münchner Flughafen sind indes unannehmbar. Will man doch in der Regel nur mal eben nach Düsseldorf, Berlin oder Hamburg. Reicht es an jedem anderen innerdeutschen Flughafen 30 Minuten vor Abflug da zu sein (mein Favourit ist Berlin Tegel), benötigt man diese Zeit in München allein, um zum Gate zu kommen.
Der Weg zur Autovermietung auf dem Flughafen ist eine Tortur, zumal man zu diesem Zeitpunkt bereits sein Gepäck hat und selbiges durch kilometerlange Gänge hinter sich herschleppt. In den Tunneln wird man einer unerwünschten Lichttherapie ausgesetzt, die die müden Reisenden vor einer Erschöpfungsohnmacht bewahren soll. Bei mir löst der psychedelische Wechsel zwischen knallblau, knallgrün und knallrot jedoch stets Übelkeit aus.

Im letzten Sommer musste ich jedoch auf dem Flughafen München drehen. Während der Vorbereitungen war ich diverse Male zu Besichtigungen vor Ort. Ich legte nicht nur kilometerlange Strecken zurück, sondern passierte Sicherheitszonen, die dem Personal vorbehalten waren, kletterte auf Dächer, lief übers Vorfeld und durfte sogar auf die Landebahn. Am meisten beeindruckte mich unser persönlicher Betreuer, der auf die Frage, wann das nächste Flugzeug die Brücke, die über die Autobahn führte, passieren würde, kurzerhand den Tower anfunkte.
"Ist in nächster Zeit nicht vorgesehen. Warum fragst Du?"
"Ich habe hier so ein paar Filmmenschen, die wollten sich das mal ansehen."
antwortete unser Babysitter.
"Kein Problem. Dann leite ich einen Vogel um."
Wenige Sekunden später überquerte ein riesiges Flugzeug elegant die Straße vor unseren Augen.


So schnell kann ein Flugzeug umgeleitet werden.


Auf dem Rollfeld, das hier Vorfeld heisst.


Mal ganz dicht dran.


Frau auf dem Flughafendach grinst debil in Kamera.

Inzwischen kenne ich den Münchner Flughafen wie die viel-zitierte Westentasche. Ich weiss, wo es das beste Essen gibt, in welchen Geschäften sich eine kurze Stippvisite lohnt und wie man schnellstmöglich an seinen Bestimmungsort kommt.
Mittlerweile fühle ich mich hier richtig heimisch und wenn der Flieger auf der bayerischen Landebahn aufsetzt, habe ich seltsamerweise das Gefühl, angekommen zu sein. In einer vertrauten Welt, obwohl mein Zuhause ein paar hundert Kilometer weit entfernt liegt.

Seltsamerweise habe ich in den letzten Monaten beruflich fast ausschließlich in Bayern zu tun. Zu Beginn des Jahres hatte ich einen Münchner Kunden, der meine Anwesenheit in München des öfteren erforderte, neulich habe ich eine Woche in Kempten verbracht und nun steht das nächste Projekt in den Voralpen an.
Hoffentlich fällt's nicht gleich runter.

Seit Januar habe ich mittlerweile bestimmt 20 Mal "meinen" Flughafen besucht und viel Geld ausgegeben viele Stunden dort zugebracht.

Langsam wandert meine lokale Zuneigung auch über die Grenzen des Flughafens hinaus und ich gewöhne mich auch an dieses Bundesland. Wenn man, wie ich am letzten Donnerstag 700 km mit dem Auto quer durch Bayern fährt, kann man sich seiner Schönheit auch nur noch mit Mühe entziehen.
Ich bin mal gespannt, wann ich anfange, die Bewohner liebzugewinnen.


Baumkondome.




Ich werde tatsächlich dafür bezahlt, einen Tag durch Bayern zu fahren und Landschaften anzuschauen.

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Mittwoch, 26. Januar 2005
EINDRÜCKE
cassandra, Mittwoch, 26. Januar 2005, 00:20
Filed under: Auf Reisen
Irgendwann wachte ich durch ein kleines Geräusch auf. Ich drehte mich auf die andere Seite und zog die Decke unter das Kinn. Mein Blick fiel auf das Gesicht neben mir. Sie schlief friedlich. Hatte den Kopf in ihrer Armbeuge vergraben und bei jedem Atemzug hob und senkte sich der zusammengekauerte Körper ein wenig. Ich kannte Sie nicht. Wir hatten am Abend zuvor nur wenige Sätze gewechselt. Sie war Amerikanerin und nicht in der Stimmung für seichte Gespräche. (Paradox, ich weiß.)
Ich fühlte mich leer und ausgetrocknet. Die Wasserflasche stand in Reichweite. Zwei Meter Luftlinie. Nur ihr Körper trennte mich von dem rettenden Nass.
Ich stand auf, um die Anhäufung aus Gliedmaßen, Sitz und Körpermasse genauer analysieren zu können. Der Sitz des Vordermanns war so weit zurückgestellt, dass er ihre Füße berührte. Die Chancen, das Wasser zu ereichen, ohne sie zu wecken schienen aussichtlos. Ich spreizte mein linkes Bein, um einen weitausholenden Schritt über ihren Körper zu wagen. Das eine Bein in der Luft, das andere schwankend nach Halt suchend hielt ich inne. Für einen Moment war ich von der Intimität, eine mir unbekannte Person breitbeinig von Angesicht zu Angesicht zu besteigen, befremdet. Ich zog das linke Bein zurück, auf Vorsicht bedacht, sie dabei nicht zu berühren und drehte ihr den Rücken zu. In dieser um 180 Grad veränderten Position startete ich einen erneuten Versuch, hob das Bein ein weiteres Mal schwungvoll über ihren Körper und zögerte erneut. Was wenn sie nun durch eine leichte Berührung erwachte und sich das erste Bild des neuen Tages, ein über ihrem Gesicht schwebender, fremder Hintern in ihr Hirn brannte.
Alles zurück auf Start. Kurz alle Möglichkeiten erwägen. Nichts zu trinken kam nicht in Frage. Ich war einer Dehydrierungsohnmacht nahe. Eine Flugbegleiterin aus dem Schlaf zu reissen, um nach einem Glas Wasser zu verlangen, erschien mir angesichts der Nähe selbigens zu dekadent.
Ich grübelte ein paar Minuten und verwarf die Idee, auf die Lehne zu klettern schnell, da DAS Bild im Falle ihres Erwachens vermutlich ein größeres Trauma bei ihr verursacht hätte, als mein Hintern. Daher entschied ich mich für diese, etwas weniger intime Besteigungsvariante. Aus Mangel an artistischem Vermögen und dank verschlafener Motorik gelang mir die Überwindung des Hinternisses natürlich nicht, ohne dass ich ihr einen kräftigen Tritt mit dem wild baumelnden Bein verpasste. Gottseidank erwachte sie jedoch nicht gänzlich, sondern stöhnte nur schlaftrunken.

Zum Ausgleich für die Reisestrapazen durfte ich einen entzückenden Sonnenaufgang bewundern.

Den ersten Tag in Sao Paulo habe ich ein wenig vernebelt wahrgenommen. Den halben Tag kämpfte ich gegen das Verlangen, meinem Sitznachbarn im Auto in den Schoß zu erbrechen, da das schwüle Klima meinen Kreislauf arg beanspruchte.
Die zweite Hälfte des Tages trabte ich in sommerlichen Absatzschühchen meiner Truppe hinterher. Vollkommene Fehlentscheidung in punkto Fußbekleidung. Da ist wohl die Vorfreude auf wärmere Temperaturen mit mir durchgegangen.

Einzig das Hotelzimmer bot mir am gestrigen Tag eine willkommende Oase des Rückzugs mit vielen Zerstreuungsmöglichkeiten.


Blick aus meinem Hotelzimmer.

Der WASHLET TOTO in meinem Hotelbadezimmer hat mein Herz erobert. Am liebsten würde ich ihn mit zurück nach Hause nehmen. Er wärmt den Sitz angenehm vor, so dass man getrost ein wenig länger als gewöhnlich auf dem stillen Örtchen verbringen kann. Ich muß zugeben, noch niemals im Leben ein Bidet benutzt zu haben. Zum einen ängstigt mich die Vorstellung, eine unberechenbare Wasserfontäne in Richtung empfindlicher Körperöffnungen loszulassen, zum anderen weiss ich nicht, wie ich mich richtig positioniere, um die Wassermassen in die vorgesehende Richtung zu lenken. Der WASHLET TOTO nimmt dem Skeptiker derartige Unsicherheiten. Wo man (oder frau) es sich schon mal auf dem Thron bequem gemacht hat, braucht man nur noch ein (bis drei) Knöpfchen zu drücken und die Toilette übernimmt die Waschung gleich mit. Wassertemperatur und -stärke sind stufenlos einstellbar.
Ein Traum.


Die Sao Paulianer bauen gerne hohe Häuser.


Telefontrockenhauben, auch für kleine oder sitzende Nutzer

Alle 200 Meter sieht man in Sao Paulo Polizistenlitfasssäulen. So viel zum Thema Sicherheit in Brasilien.

(Mit Verkehrssündern müssen sich die Beamten vermutlich jedoch weniger herumschlagen, als hierzulande. Auf dieser Straße (wohlgemerkt eine der größten in der Innenstadt) darf man sportliche 70 km/h fahren.)

In Sao Paulo ist heute Feiertag. Man zelebriert den 451. Geburtstag der Stadt. Da viel gefeiert wird, wird auch viel getrunken. Zum Zwecke der Ausscheidung der Flüssigkeiten hat man überall in der Stadt Toilettenhäuschen aufgestellt. Sehr löblich.




Das Wetter hier ist eher feucht. Von Zeit zu Zeit feuchter als erwünscht. Die Sao Paulianer ließen sich jedoch heute nicht von Ihrer kleinen Love Parade abhalten und feierten, was das Zeug hielt. (Wir natürlich nicht, sind ja nicht zum Spaß hier. Jawoll!)













Ich hoffe, dass sich die Feuchtigkeit bis zum Wochenende wider fängt, weil ich ansonsten wohl etwas länger bleiben muss.

Heute sind wir in wackligen Fahrstühlen, die eine gefühlte Reisezeit von 20 Minuten hatten, auf diverse Dächer gefahren, um die Stadt von oben anzuschauen. Die Odyssee in den 30. Stock eines abrissverdächtigten Gebäudes, begleitet von abstrusen und undefinierbaren Geräuschen, zauberte einen leichten Grauschleier auf das eine oder andere Gesicht.











Die Aussicht war jedoch atemberaubend.
Weit und breit nichts als abgerockte Hochhäuser.


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Freitag, 26. November 2004
WIEN
cassandra, Freitag, 26. November 2004, 23:22
Filed under: Auf Reisen
Eigentlich ist die Überschrift ein wenig irreführend, denn dieser Eintrag beginnt mit der Nacht vor meiner Abreise nach Wien.
Am Mittwochabend feierte die Düsseldorfer Werbebranche nämlich eine große Party. Das Motto lautete: „Früher, als die Welt noch in Ordnung war, wir in Geld und Koks gebadet haben, haben Partys noch richtig Spaß gemacht“ oder so ähnlich.
So gab es dann auch alles, was zu einer richtig dekadenten Sause gehört: eine Life-Jazz Kombo, Gogo-Tänzer, Getränke en masse, sehr viele wichtige und unwichtige Leute, überraschend gute House-Musik und ganz viel Geld. Im Laufe des Abends watete man quasi knöcheltief in Geldscheinen, die eigentlich für den Erwerb der Getränke gedacht waren, aber irgendwann wie Konfetti unter die Leute geschmissen wurden. Sehr praktisch, denn so brauchte man sich auf dem Weg zur Bar nur kurz bücken, ein Bündel vom Boden aufheben und konnte sogar beim Tringeldgeben äusserst großzügig sein. (Ich konnte mir natürlich nicht verkneifen, eine ganze Serie mit dem Gogo Tänzer zu knipsen.)

Entgegen meiner Erwartungen wurde die Party richtig lustig. Dies lag wahrscheinlich daran, dass die Musik so laut war, dass man sich mit niemandem unterhalten musste. Auf diese Weise blieben mir die Smalltalks, die normalerweise mit einer derartigen Veranstaltung verbunden sind, erspart. Es wurde einfach nur getanzt und gefeiert.
Gerne wäre ich länger geblieben und hätte mich gepflegt besoffen. Leider musste ich jedoch am nächsten Morgen früh raus, denn es ging ja nach Wien.

Ich glaube, es gibt Flüge ab Köln nach Wien für 29 Euro. Aber warum bequem, billig und schnell reisen, wenn es auch kompliziert und anstrengend geht? Ein passionierter Autofahrer lässt sich doch von lächerlichen eintausend Kilometern nicht abschrecken. So habe ich denn Donnerstag auf der Autobahn verbracht. Ich hätte es wahrlich schlechter treffen können. Die Sonne schien, der Himmel war blau und die Straßen leer. Die ersten fünf Stunden haben auch tatsächlich Spaß gemacht, doch dann gab der Akku vom IPod auf und ich musste auf Radio umsteigen.

Abends bin ich auf der Suche nach einem Restaurant fast eine Stunde durch die nächtlichen, bitterkalten Straßen des 6. Bezirks gelaufen. Keine einfache Aufgabenstellung, auch nicht in einer europäischen Großstadt. Das typisch österreichische Essen (Tafelspitzsülzchen und Wiener Schnitzel mit Erdapfelsalat – ich weiss, dass das sehr viel ist, aber ich hatte wirklich Hunger), hat sich dann wenig später sehr unwohl in meinem Bauch gefühlt. Auf jeden Fall wollte es dort ganz schnell wieder weg. Entweder liegt es an der Wiener Luft oder tatsächlich am Essen. Heute habe ich schon wieder ähnliche Probleme. Nun gut, ich möchte jetzt gar nicht weiter auf die Details eingehen.

Heute habe ich dann eine Reise in die Vergangenheit gemacht. Genauer gesagt in die 20er – 40er Jahre. Da der Weg dorthin sehr lang ist, und ich ihn fast ausschließlich zu Fuss zurückgelegt habe, kann man sicherlich nachvollziehen, welche Körperteile mir gerade alles weh tun.
Zuerst besuchte ich die Tamara de Lempicka Austellung. Die Malerin ist der eigentliche Grund für meinen Wien Besuch. Ein großer Teil ihrer Werke sind in Besitz von Privatpersonen. Für die von der Royal Academy of Arts in London erarbeitete Ausstellung haben Leute wie Jack Nicholson, Donna Karan und Wolfgang Joop ihre Bilder zur Verfügung gestellt und daher ist es die erste und vermutlich auch letzte umfassende Ausstellung der Grande Dame der Art Deco Malerei.
Tamara de Lempicka ist eine Frau nach meinem Geschmack. Sie war eine mondäne Diva und Femme Fatale, malte nach eigener Auskunft nur, um ihren luxuriösen Lebensstil zwischen Partys und Liebschaften im Paris der Vorkriegszeit zu finanzieren. Sie hatte sehr viele einflussreiche Freunde, sowohl in der Politik, als auch unter den Künstlern, die sich zu dieser Zeit in Paris tümmelten. Sie liess sich von ihren Bewunderern fördern und schlief mit einer Vielzahl ihrer männlichen sowohl als auch weiblichen Modellen.
Kunstkritiker verachten die Bilder der Lempicka und verurteilen sie auf Grund ihres "dekorativen" Zweckes. Dabei übersehen sie jedoch, dass ihre Werke die Gesellschaft (wohlgemerkt, den dekadenten und wohlhabenden Teil) der damaligen Zeit auf einzigartige Weise widerspiegeln.
Obwohl ich die meisten Bilder kannte, war ich überwältigt von der Ausstellung. Die meisten Bilder sind nicht nur viel kleiner, als ich sie mir vorgestellt habe, viel faszinierender fand ich, dass sie leuchteten. Bücher (oder meinetwegen auch Poster, Postkarten oder Tassen (ich war ja ein braver Tourist und habe mich natürlich mit diversen überteuerten Neppes eingedeckt))


können die Illuminanz in keinster Weise wiedergeben. Durch den Malstil der Lempicka haben die Oberflächen, insbesondere die Haut der porträtierten Personen eine metallisch wirkende Oberfläche, die das Licht aus der Umgebung zurückstrahlt. Dadurch bekommt man den Eindruck, dass die Bilder von hinten beleuchtet sind.


Dann war ich heute noch in der Cecil Beaton Ausstellung.


Beaton war Haus- und Hof-Fotograf verschiedener Königshäuser, Kriegsfotograf und hatte diverse Berühmtheiten aus Hollywood, der Musik, Politik und Literatur vor der Kamera.
Ein paar der Fotos haben mir wirklich sehr gut gefallen, da es damals eher üblich war, sehr künstlich und gestellt zu portraitieren. Beaton hat dies zwar auch getan, doch mit viel Stil und es befinden sich unter seinen Aufnahmen einige, die trotz Staging sehr spontan wirken und besondere Momente einfangen.


Zwischen den Museumsbesuchen bin ich ansonsten heute sehr viel durch die Stadt gelaufen. Meist äusserst planlos. Trotz Stadtplan.
Ich habe mich mit Kinomu zum Mittagessen getroffen, bekam anschließend von ihm eine Führung durch die Innenstadt und später dann habe ich mit Herrn Sebas, der auf der Durchreise war, einen schnellen Kaffee in dem schrecklichsten Restaurant (ich sage nur: Café im Sparmarkt in der U-Bahn Station), dass ich jemals betreten habe, getrunken. Es war sehr lustig, doch werde ich jetzt nicht weiter darauf eingehen, denn ich muss ins Bett.
Immerhin stehen morgen der Zentralfriedhof, Frau Sonne, der Naschmarkt, die Industrieanlagen am Flughafen und ein Trip aufs Land auf dem Program.

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