MÄNNERMUND TUT WAHRHEIT KUND
cassandra, Dienstag, 24. Oktober 2006, 17:35
Filed under: Soehne
Kleine und sehr unvollständige Sammlung von zweifelhaften Komplimenten, die mir ehemalige Verehrer an den Kopf warfen bei dem Versuch, mich zum Beischlaf zu verführen, ins Ohr flüsterten und die ich kurz nachdem ich sie begonnen hatte, bereits wieder abbrechen musste, da der Liebste hier mitliest:
"Du bist so individuell. Allein schon wie du dich anziehst. Ich kenne niemanden, der so rumlaufen würde."
"Neulich war ich in der Ukraine. Unglaublich schöne Frauen gibt es dort. Jetzt weiss ich, warum Du dich so anziehst. Die Ossifrauen laufen dort alle so rum." (gleicher Typ)
"Ab dem Bauch bist du wirklich unglaublich. Dieser Hintern, echt Wahnsinn ..."
"Du bist so individuell. Allein schon wie du dich anziehst. Ich kenne niemanden, der so rumlaufen würde."
"Neulich war ich in der Ukraine. Unglaublich schöne Frauen gibt es dort. Jetzt weiss ich, warum Du dich so anziehst. Die Ossifrauen laufen dort alle so rum." (gleicher Typ)
"Ab dem Bauch bist du wirklich unglaublich. Dieser Hintern, echt Wahnsinn ..."
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FRAUEN NACH VORN
cassandra, Freitag, 9. September 2005, 00:02
Filed under: Soehne
Es kann doch nicht angehen, dass sich nur Männer zu diesem Thema äussern.
Wir dummen Hühner, die ständig in die Hoden kneifen und die Zähne zum Einsatz bringen.
Ich schreibe jetzt mal auch etwas zum Thema.
Gibt es nachher in den Kommentaren.
Liebe Mutti,
Wir haben ja neulich darüber gesprochen, dass Du manchmal gar nicht wissen möchtest, was in meinem Leben passiert, weil Du bestimmte Dinge nicht einordnen kannst und Dir zu viele Gedanken darüber machen würdest.
Dies ist mal wieder so eine Sache.
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DIE KUSS PHOBIE
cassandra, Dienstag, 30. November 2004, 00:17
Filed under: Soehne
Es gibt eigentlich nur zwei Dinge, vor denen ich wirklich Angst habe. Mäuse und Küsse. Erste Küsse. Ich bin kein Erst-Küsser. Egal wie lichterloh ich in Flammen stehe, wie sehr ich mich danach sehne, endlich seinen Atem das erste Mal auf meinem Gesicht zu spüren, seine Lippen mit den meinen zu berühren und ihn zu schmecken. Selbst wenn die Augen meines Gegenübers mich erwartungsvoll anschauen. Darum betteln, diese erste wirklich Intimität austauschen zu dürfen. Ich bringe es nicht über’s Herz. Ich fürchte mich vor der Zurückweisung, aber auch davor, dass mir beim ersten Berühren der Lippen kein Stromstoss durch den Körper fährt. Das stattdessen gar nichts passiert.
Schuld an der ganzen Misere ist Marcel. Ich war sieben Jahre alt und bis dato ungeküsst. Er war der Schwarm der gesamten ersten Klassenstufe. Dunkle verwuschelte Locken, ständig zu Streichen aufgelegt und ein breites Lächeln, dass alle Frauenherzen, egal ob die der Mitschülerinnen oder die der Lehrerinnen höher schlagen liess. Meine beste Freundin und ich wetteiferten fast das gesamte Schuljahr um Marcels Gunst. Doch das Bürschchen war nicht nur süß, sondern auch clever. Er konnte sich nie zwischen uns entscheiden. Mal hielt er mit der einen Händchen, mal mit der anderen. Als ich mitbekam, dass er sich nach der Schule mit meiner Freundin getroffen hatte, musste ich schleunigst etwas unternehmen, um den Punktestand wieder auszugleichen. Ich war damals sehr vorwitzig und auch um einiges forscher im Umgang mit dem männlichen Geschlecht, als ich es heute bin. Mein Selbstbewusstsein kannte keine Grenzen und ich hielt mich wohl für das unwiderstehlichste sieben-jährige Geschöpf, das jemals auf Erden wandelte. Ich ergriff die Initiative. Der Plan war kinderleicht.
Wir mussten damals in der ersten Klasse zwischen der Mittagspause und dem Hort Mittagsschlaf machen. Dafür wurden im Klassenzimmer alle Tische und Stühle zur Seite geschoben und Liegen aufgebaut. Diese halbe Stunde war die schönste des Tages. Es wurde herumgetobt, sich gegenseitig beim Ausziehen geneckt und die Streitigkeiten des Tages wurden in dem Tumult ausgekämpft (ich erinnere mich gerade daran, dass ich Marcel damals mal gegen die Heizung geschupst habe und er sich dabei den Kopf aufschlug. Aber das war DANACH)
Ich vermute, heutzutage wäre so etwas wie eine geschlechterübergreifende Mittagspause in der Schule unvorstellbar, denn immerhin bekommen die heranreifenden Mädchen und Jungen sich dabei nackt zu sehen.
Das alltägliche Chaos wollte ich für meine Plan ausnutzen. Während eine Horde Kinder durch den Raum lief und schrie, weil mal wieder irgendjemand den Schlafanzug eines anderen entwendet hatte, schnappte ich mir Marcel und sagte ihm, dass ich ihm etwas zeigen müsste. Sein Interesse war eher gering. Ich erzählte ihm, dass ich ein großes Geheimnis hätte, das niemand kennen würde und das ich es ihm allein zeigen würde. Natürlich unter der Bettdecke, damit niemand anderes es sehen täte. Nun wurde er schon ein kleines bisschen neugierig. Ich ging mit ihm zu meiner Pritsche und wir steckten die Köpfe unter die Bettdecke. Im Dunklen presste ich ihm meinen Mund ganz fest auf seinen, dann hob ich die Bettdecke und strahlte ihn glücklich an. Er schaute irritiert zurück, zog die Augenbrauen hoch und fragte ungeduldig, wo denn nun das Geheimnis wäre. Immer noch strahlend versicherte ich ihm, dass das es dieser Moment gewesen war. Er rümpfte die Nase und meinte ungläubig „und das war alles?“. Dann wandte er sich genervt von mir ab, um den anderen Kindern hinterherzulaufen.
Ich glaube, ich habe diese Abfuhr bei meinem ersten Kuss wohl nie ganz überwunden. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Wenn ich mit einem eher schüchternen Exemplar Mann konfrontiert bin, den ich gerne küssen würde, erzähle ich ihm die Geschichte meines ersten Kusses. Diesen Wink mit dem ganzen Lattenzaun hat bisher jeder verstanden. (Und selbst, wenn das Interesse nur von meiner Seite ausgeht, so errege ich doch zumindest Mitleid ;-)
Schuld an der ganzen Misere ist Marcel. Ich war sieben Jahre alt und bis dato ungeküsst. Er war der Schwarm der gesamten ersten Klassenstufe. Dunkle verwuschelte Locken, ständig zu Streichen aufgelegt und ein breites Lächeln, dass alle Frauenherzen, egal ob die der Mitschülerinnen oder die der Lehrerinnen höher schlagen liess. Meine beste Freundin und ich wetteiferten fast das gesamte Schuljahr um Marcels Gunst. Doch das Bürschchen war nicht nur süß, sondern auch clever. Er konnte sich nie zwischen uns entscheiden. Mal hielt er mit der einen Händchen, mal mit der anderen. Als ich mitbekam, dass er sich nach der Schule mit meiner Freundin getroffen hatte, musste ich schleunigst etwas unternehmen, um den Punktestand wieder auszugleichen. Ich war damals sehr vorwitzig und auch um einiges forscher im Umgang mit dem männlichen Geschlecht, als ich es heute bin. Mein Selbstbewusstsein kannte keine Grenzen und ich hielt mich wohl für das unwiderstehlichste sieben-jährige Geschöpf, das jemals auf Erden wandelte. Ich ergriff die Initiative. Der Plan war kinderleicht.
Wir mussten damals in der ersten Klasse zwischen der Mittagspause und dem Hort Mittagsschlaf machen. Dafür wurden im Klassenzimmer alle Tische und Stühle zur Seite geschoben und Liegen aufgebaut. Diese halbe Stunde war die schönste des Tages. Es wurde herumgetobt, sich gegenseitig beim Ausziehen geneckt und die Streitigkeiten des Tages wurden in dem Tumult ausgekämpft (ich erinnere mich gerade daran, dass ich Marcel damals mal gegen die Heizung geschupst habe und er sich dabei den Kopf aufschlug. Aber das war DANACH)
Ich vermute, heutzutage wäre so etwas wie eine geschlechterübergreifende Mittagspause in der Schule unvorstellbar, denn immerhin bekommen die heranreifenden Mädchen und Jungen sich dabei nackt zu sehen.
Das alltägliche Chaos wollte ich für meine Plan ausnutzen. Während eine Horde Kinder durch den Raum lief und schrie, weil mal wieder irgendjemand den Schlafanzug eines anderen entwendet hatte, schnappte ich mir Marcel und sagte ihm, dass ich ihm etwas zeigen müsste. Sein Interesse war eher gering. Ich erzählte ihm, dass ich ein großes Geheimnis hätte, das niemand kennen würde und das ich es ihm allein zeigen würde. Natürlich unter der Bettdecke, damit niemand anderes es sehen täte. Nun wurde er schon ein kleines bisschen neugierig. Ich ging mit ihm zu meiner Pritsche und wir steckten die Köpfe unter die Bettdecke. Im Dunklen presste ich ihm meinen Mund ganz fest auf seinen, dann hob ich die Bettdecke und strahlte ihn glücklich an. Er schaute irritiert zurück, zog die Augenbrauen hoch und fragte ungeduldig, wo denn nun das Geheimnis wäre. Immer noch strahlend versicherte ich ihm, dass das es dieser Moment gewesen war. Er rümpfte die Nase und meinte ungläubig „und das war alles?“. Dann wandte er sich genervt von mir ab, um den anderen Kindern hinterherzulaufen.
Ich glaube, ich habe diese Abfuhr bei meinem ersten Kuss wohl nie ganz überwunden. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Wenn ich mit einem eher schüchternen Exemplar Mann konfrontiert bin, den ich gerne küssen würde, erzähle ich ihm die Geschichte meines ersten Kusses. Diesen Wink mit dem ganzen Lattenzaun hat bisher jeder verstanden. (Und selbst, wenn das Interesse nur von meiner Seite ausgeht, so errege ich doch zumindest Mitleid ;-)
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DER MANN, DER BEINAHE IN MEINEM BADEZIMMER STARB
cassandra, Sonntag, 7. November 2004, 01:43
Filed under: Soehne
hat sich neulich bei mir gemeldet. Mich ereilte eine SMS mit dem Wortlaut: „Bin gerade in der Stadt. Wollen wir uns auf einen Kaffee treffen und uns mal wieder anzicken?“. Ich schrieb ihm zurück, dass ich keine Lust habe. Er antwortete: „Ich eigentlich auch nicht.“
Ich glaube, er ist hierher gezogen, arbeitet jetzt in der neu-eröffneten Niederlassung unserer Konkurrenz.
Diese Geschichte ist bereits fast zwei Jahre her. Eine weitere kurze aber langatmige Anekdote aus meinem lustigen Singleleben.
Ich hatte mich mal wieder in die Idee verrannt, in jemanden verliebt zu sein. Er behandelte mich mit dieser Mischung aus Interesse und Gleichgültigkeit, die bei mir offensichtlich prinzipiell das Hirn ausschaltet. Eigentlich kannte ich ihn gar nicht. Wir hatten bei einigen Projekten zusammen gearbeitet. Monatelang spielte er kleine Psycho-Spielchen, die mich zu einem unsicheren, komplexbeladenen Geschöpf machten. Manchmal war er total lieb und suchte meine Nähe, nur um mir im nächsten Augenblick mit dem Baseballschläger eins überzuziehen.
Der Sex mit ihm war miserabel. Aber auch sehr lehrreich. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich schlechten Sex immer mit einer Art Aerobic Stunde verglichen. Stumpfsinnige Bewegungen zu dümmlicher Musik, langweilig, langatmig und anstrengend. Aber man fühlt sich danach angenehm leer und erschöpft. Selbst schlechter Sex ist also nicht wirklich schlecht. Nur belanglos. Bis ich mit diesem Herren die körperliche Vereinigung vollzog. Die Tragödie war noch nicht einmal in mangelndem Begehren begründet. Wir waren geil aufeinander. Wir verbrachten elektrisierende Abende in Kneipen und Bars miteinander. Saßen stundenlang knutschend in dunklen Ecken herniedergekommener Spelunken. Selbst wenn wir nur job-bezogen miteinander zu tun hatten, war da stets eine unterschwellige Spannung zwischen uns. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Wohnungstür schloss. Ab da war es nur noch grauenvoll. Scheinbar gibt es Menschen, die nicht dafür bestimmt sind, miteinander zu verkehren. Trotzdem, oder vielleicht genau deswegen, versucht man es immer wieder. Das Ego will sich einfach nicht mit der Tatsache abfinden, schlechten Sex zu haben.
Er kommt ursprünglich aus meiner Stadt und benutze meine Wohnung als Hotelzimmer, wenn er seine Freunde besuchte. Seine Mutter wohnt zwar auch hier, aber ich war weniger nervig und bot die besagte Möglichkeit, das Selbstwertgefühl wieder herzustellen.
An einem schönen Morgen in einem vergangenen Sommer, nach einem erneuten Akt der Frustration wollte er duschen. Unschlüssig streifte ich in meinem hellblauen Bademantel durch die Wohnung. Ich überlegte, wie es weitergehen sollte. Es ging nicht um den großen Plan. Langsam näherte ich mich der Erkenntnis, dass mir nicht wirklich etwas an ihm lag. Meine Gedanken kreisten um das Thema der Nahrungsaufnahme. Ich bin ein ausgesprochen wohl erzogenes Persönchen und es liegt mir nicht, jemanden einfach vor die Tür zu setzen. Sollte ich Frühstück machen oder ihn zu selbigem außerhalb der Wohnung einladen? Ein plötzlicher Rumms riss mich aus meinen tiefschürfenden Entscheidungsfindungssprozess. Erschrocken sah ich mich um. Die Vertiefung in innere Konflikte macht ja bekanntlich blind für die Details der Umwelt und so war es gut möglich, dass mir da gerade was entgangen war. Alles sah so aus wie immer. In meiner Erinnerung konnte ich die Richtung des Geräusches nicht orten. Es war laut gewesen und klang metallisch. Vielleicht war ja der Schrank mit den Reinigungsmitteln in der Gästetoilette heruntergefallen. Ich hatte ihn selbst angebracht und daher lag diese Möglichkeit durchaus im Bereich des wahrscheinlichen. Ich warf einen Blick hinein. Nichts. Unschuldig hing der Schrank an der Wand. In diesem Moment rummste es erneut. Lauter als beim letzten Mal. Es klang, als würde Glas zerspringen. Diesmal war ich mir sicher, dass der Lärm aus dem Bad kam. Doch ihm folgte kein peinlich-berührtes „Oh. Tut mir leid, ich habe da gerade...“ Warum zerlegte der Kerl mein Badezimmer? Klopft man in einem solchen Moment eigentlich an? Ich weiss nicht mehr, ob ich es tat. Als ich vorsichtig versuchte, die Tür zu öffnen, war sie von innen blockiert. Ich drückte ein bißchen fester und da sah ich ihn. Er lag auf dem Boden. Sein Gesicht war grau. Blut und Schaum spuckte aus seinem Mund. In seinen Augen war nur noch das Weisse zu sehen und sein Körper zuckte wild hin und her. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was ich tat. Ich glaube, ich wurde hysterisch. Schrie und weinte. Redete auf ihn ein, schüttelte ihn. Seltsamerweise weiss ich noch genau was ich dachte. Ich habe noch nie einen Schlaganfall oder Herzinfarkt gesehen. Auch keinen epileptischen Anfall. Ich wusste nur: der Typ stirbt gerade. In meinem Badezimmer. Und er ist nackt. Sein Handy liegt auf dem Tisch in der Küche. Ich muss seine Mutter anrufen. Unter welchen Namen hat er sie wohl abgespeichert? Ich muss sie anrufen, ihr erklären, warum sie gar nicht weiss, dass ihr Sohn in der Stadt ist. Und muss ihr erklären, warum ihr Sohn nackt auf meinen weissen Badezimmerfliesen gestorben ist. Jemand anderes musste es ihr erklären. Ich wählte den Notruf der Feuerwehr. Machte aber nichts. Die sitzen nämlich gleich um die Ecke und haben eigene Krankenwagen. Innerhalb von 5 Minuten waren sie da. Die Jungs stellten mir dutzende Fragen, die ich nicht beantworten konnte. „Ist das schon mal vorgekommen?“, „Weiss ich nicht.“, „Geburtsdatum?“ Schulterzucken und große Augen, „Nimmt er Medikamente?“ „Keine Ahnung.“, „Lass uns mal im Badezimmer nachsehen, ob da Medikamente rumstehen.“, „Das ist mein Badezimmer. Da stehen keine Medikamente von ihm rum.“. In diesem Augenblick begriffen sie wohl die Situation und grinsten sich wissend an. Plötzlich war mir das ganze peinlich. Auch die Tatsache, dass ich gedacht hatte, dass er sterben würde. Da saß der arme Kerl nun auf meinem Sofa. Splitterfasernackt. Konnte sich kaum aufrecht halten. Kam langsam zu sich. Wusste nicht, wie er heisst und wo er war. Ich begleitete ihn ins Krankenhaus und danach gingen wir frühstücken. Es stellte sich heraus, dass er des öfteren derartige Anfälle hat. In der Regel, wenn er in den Tagen davor viel „gefeiert“ hatte. Ich wollte gar nicht wissen, was er damit meinte. Er machte mir Vorwürfe, dass ich überhaupt einen Krankenwagen gerufen hatte. Dann fuhr er nach Hause.
Ich wollte nicht nach Hause und spazierte stundenlang durch die Gegend. Die ganze Zeit hatte ich diesen merkwürdigen Geruch in der Nase, von dem mir ganz schlecht wurde. Es roch nach Eisen, Tod, vielleicht auch nur nach Blut. Als ich irgendwann dann doch nach Hause kam und das blutbespritzte Bad säuberte, musste ich mich übergeben. An diesem Tag blieb ich sehr lange auf. Ich hatte Angst, ins Bett zu gehen. Hatte Angst, diese Bilder nicht aus meinem Kopf zu bekommen. Irgendwann konnte ich mich jedoch nicht mehr länger auf den Beinen halten. Ich ging ins Bad, zog mich aus, den Bademantel an und schaute in den Spiegel. Der Kragen des Bademantels war blutgetränkt. Ich erinnerte mich, dass ich ihn in den Arm genommen und an mich gedrückt habe, während ich weinte.
Ich glaube, er ist hierher gezogen, arbeitet jetzt in der neu-eröffneten Niederlassung unserer Konkurrenz.
Diese Geschichte ist bereits fast zwei Jahre her. Eine weitere kurze aber langatmige Anekdote aus meinem lustigen Singleleben.
Ich hatte mich mal wieder in die Idee verrannt, in jemanden verliebt zu sein. Er behandelte mich mit dieser Mischung aus Interesse und Gleichgültigkeit, die bei mir offensichtlich prinzipiell das Hirn ausschaltet. Eigentlich kannte ich ihn gar nicht. Wir hatten bei einigen Projekten zusammen gearbeitet. Monatelang spielte er kleine Psycho-Spielchen, die mich zu einem unsicheren, komplexbeladenen Geschöpf machten. Manchmal war er total lieb und suchte meine Nähe, nur um mir im nächsten Augenblick mit dem Baseballschläger eins überzuziehen.
Der Sex mit ihm war miserabel. Aber auch sehr lehrreich. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich schlechten Sex immer mit einer Art Aerobic Stunde verglichen. Stumpfsinnige Bewegungen zu dümmlicher Musik, langweilig, langatmig und anstrengend. Aber man fühlt sich danach angenehm leer und erschöpft. Selbst schlechter Sex ist also nicht wirklich schlecht. Nur belanglos. Bis ich mit diesem Herren die körperliche Vereinigung vollzog. Die Tragödie war noch nicht einmal in mangelndem Begehren begründet. Wir waren geil aufeinander. Wir verbrachten elektrisierende Abende in Kneipen und Bars miteinander. Saßen stundenlang knutschend in dunklen Ecken herniedergekommener Spelunken. Selbst wenn wir nur job-bezogen miteinander zu tun hatten, war da stets eine unterschwellige Spannung zwischen uns. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich die Wohnungstür schloss. Ab da war es nur noch grauenvoll. Scheinbar gibt es Menschen, die nicht dafür bestimmt sind, miteinander zu verkehren. Trotzdem, oder vielleicht genau deswegen, versucht man es immer wieder. Das Ego will sich einfach nicht mit der Tatsache abfinden, schlechten Sex zu haben.
Er kommt ursprünglich aus meiner Stadt und benutze meine Wohnung als Hotelzimmer, wenn er seine Freunde besuchte. Seine Mutter wohnt zwar auch hier, aber ich war weniger nervig und bot die besagte Möglichkeit, das Selbstwertgefühl wieder herzustellen.
An einem schönen Morgen in einem vergangenen Sommer, nach einem erneuten Akt der Frustration wollte er duschen. Unschlüssig streifte ich in meinem hellblauen Bademantel durch die Wohnung. Ich überlegte, wie es weitergehen sollte. Es ging nicht um den großen Plan. Langsam näherte ich mich der Erkenntnis, dass mir nicht wirklich etwas an ihm lag. Meine Gedanken kreisten um das Thema der Nahrungsaufnahme. Ich bin ein ausgesprochen wohl erzogenes Persönchen und es liegt mir nicht, jemanden einfach vor die Tür zu setzen. Sollte ich Frühstück machen oder ihn zu selbigem außerhalb der Wohnung einladen? Ein plötzlicher Rumms riss mich aus meinen tiefschürfenden Entscheidungsfindungssprozess. Erschrocken sah ich mich um. Die Vertiefung in innere Konflikte macht ja bekanntlich blind für die Details der Umwelt und so war es gut möglich, dass mir da gerade was entgangen war. Alles sah so aus wie immer. In meiner Erinnerung konnte ich die Richtung des Geräusches nicht orten. Es war laut gewesen und klang metallisch. Vielleicht war ja der Schrank mit den Reinigungsmitteln in der Gästetoilette heruntergefallen. Ich hatte ihn selbst angebracht und daher lag diese Möglichkeit durchaus im Bereich des wahrscheinlichen. Ich warf einen Blick hinein. Nichts. Unschuldig hing der Schrank an der Wand. In diesem Moment rummste es erneut. Lauter als beim letzten Mal. Es klang, als würde Glas zerspringen. Diesmal war ich mir sicher, dass der Lärm aus dem Bad kam. Doch ihm folgte kein peinlich-berührtes „Oh. Tut mir leid, ich habe da gerade...“ Warum zerlegte der Kerl mein Badezimmer? Klopft man in einem solchen Moment eigentlich an? Ich weiss nicht mehr, ob ich es tat. Als ich vorsichtig versuchte, die Tür zu öffnen, war sie von innen blockiert. Ich drückte ein bißchen fester und da sah ich ihn. Er lag auf dem Boden. Sein Gesicht war grau. Blut und Schaum spuckte aus seinem Mund. In seinen Augen war nur noch das Weisse zu sehen und sein Körper zuckte wild hin und her. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was ich tat. Ich glaube, ich wurde hysterisch. Schrie und weinte. Redete auf ihn ein, schüttelte ihn. Seltsamerweise weiss ich noch genau was ich dachte. Ich habe noch nie einen Schlaganfall oder Herzinfarkt gesehen. Auch keinen epileptischen Anfall. Ich wusste nur: der Typ stirbt gerade. In meinem Badezimmer. Und er ist nackt. Sein Handy liegt auf dem Tisch in der Küche. Ich muss seine Mutter anrufen. Unter welchen Namen hat er sie wohl abgespeichert? Ich muss sie anrufen, ihr erklären, warum sie gar nicht weiss, dass ihr Sohn in der Stadt ist. Und muss ihr erklären, warum ihr Sohn nackt auf meinen weissen Badezimmerfliesen gestorben ist. Jemand anderes musste es ihr erklären. Ich wählte den Notruf der Feuerwehr. Machte aber nichts. Die sitzen nämlich gleich um die Ecke und haben eigene Krankenwagen. Innerhalb von 5 Minuten waren sie da. Die Jungs stellten mir dutzende Fragen, die ich nicht beantworten konnte. „Ist das schon mal vorgekommen?“, „Weiss ich nicht.“, „Geburtsdatum?“ Schulterzucken und große Augen, „Nimmt er Medikamente?“ „Keine Ahnung.“, „Lass uns mal im Badezimmer nachsehen, ob da Medikamente rumstehen.“, „Das ist mein Badezimmer. Da stehen keine Medikamente von ihm rum.“. In diesem Augenblick begriffen sie wohl die Situation und grinsten sich wissend an. Plötzlich war mir das ganze peinlich. Auch die Tatsache, dass ich gedacht hatte, dass er sterben würde. Da saß der arme Kerl nun auf meinem Sofa. Splitterfasernackt. Konnte sich kaum aufrecht halten. Kam langsam zu sich. Wusste nicht, wie er heisst und wo er war. Ich begleitete ihn ins Krankenhaus und danach gingen wir frühstücken. Es stellte sich heraus, dass er des öfteren derartige Anfälle hat. In der Regel, wenn er in den Tagen davor viel „gefeiert“ hatte. Ich wollte gar nicht wissen, was er damit meinte. Er machte mir Vorwürfe, dass ich überhaupt einen Krankenwagen gerufen hatte. Dann fuhr er nach Hause.
Ich wollte nicht nach Hause und spazierte stundenlang durch die Gegend. Die ganze Zeit hatte ich diesen merkwürdigen Geruch in der Nase, von dem mir ganz schlecht wurde. Es roch nach Eisen, Tod, vielleicht auch nur nach Blut. Als ich irgendwann dann doch nach Hause kam und das blutbespritzte Bad säuberte, musste ich mich übergeben. An diesem Tag blieb ich sehr lange auf. Ich hatte Angst, ins Bett zu gehen. Hatte Angst, diese Bilder nicht aus meinem Kopf zu bekommen. Irgendwann konnte ich mich jedoch nicht mehr länger auf den Beinen halten. Ich ging ins Bad, zog mich aus, den Bademantel an und schaute in den Spiegel. Der Kragen des Bademantels war blutgetränkt. Ich erinnerte mich, dass ich ihn in den Arm genommen und an mich gedrückt habe, während ich weinte.
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MÄNNERMASCHEN
cassandra, Mittwoch, 27. Oktober 2004, 23:23
Filed under: Soehne
Herr Sebas amüsiert mich nun schon seit 3 Wochen mit seinen Frauengeschichten. Wenn man nicht genau aufpasst, kommt man schnell durcheinander.
Nun hat er Gesellschaft bekommen und seine Freundin Moppelchen schreibt ebenfalls in seinem Blog.
Seine lustige Masche, mit der er sie "klarmachen" wollte, erinnerte mich daran, dass ich tatsächlich mal einen solchen Vertrag unterschrieben habe.
Ein Freund von mir schreibt sehr schöne Kurzgeschichten. Eine dieser Geschichten wollte ich seit Jahren zu einem Kurzfilm verarbeiten. Während einer (oder besser: mehrerer) Flaschen Wein, versuchte ich, ihm durch Charme und mit Hilfe runder Kugelaugen und klappernden Wimpern seine Erlaubnis zur Verwertung seiner Geschichte abzuluchsen. Stunden später stand meine Unterschrift dann unter einem Text auf einer Serviette, der besagte, dass, falls der Film in irgendeiner Weise Geld einbringen würde, nicht nur sein Name in den Credits erwähnt werden müsste (selbstverständlich!), sondern ich ihm auch eine gesamte Nacht zur freien Verfügung stehen müsste.
Gott sei Dank bin ich ein inkonsequenter Mensch, der seine Pläne lieber ausspinnt, als umsetzt.
Nun hat er Gesellschaft bekommen und seine Freundin Moppelchen schreibt ebenfalls in seinem Blog.
Seine lustige Masche, mit der er sie "klarmachen" wollte, erinnerte mich daran, dass ich tatsächlich mal einen solchen Vertrag unterschrieben habe.
Ein Freund von mir schreibt sehr schöne Kurzgeschichten. Eine dieser Geschichten wollte ich seit Jahren zu einem Kurzfilm verarbeiten. Während einer (oder besser: mehrerer) Flaschen Wein, versuchte ich, ihm durch Charme und mit Hilfe runder Kugelaugen und klappernden Wimpern seine Erlaubnis zur Verwertung seiner Geschichte abzuluchsen. Stunden später stand meine Unterschrift dann unter einem Text auf einer Serviette, der besagte, dass, falls der Film in irgendeiner Weise Geld einbringen würde, nicht nur sein Name in den Credits erwähnt werden müsste (selbstverständlich!), sondern ich ihm auch eine gesamte Nacht zur freien Verfügung stehen müsste.
Gott sei Dank bin ich ein inkonsequenter Mensch, der seine Pläne lieber ausspinnt, als umsetzt.
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FRAUEN SIND DUMM
cassandra, Freitag, 8. Oktober 2004, 17:34
Filed under: Soehne
Sehr selten natürlich, aber es kommt vor: an grenzenlose Debilität heranreichende Dämlichkeit. Das temporäre Aussetzen sämtlicher Zerebralfunktionen hat entgegen der landläufigen Meinung selten etwas mit Schuhen, Schlussverkäufen oder dem Anblick von Kleinkindern zu tun, sondern in der Regel mit dem anderen Geschlecht.
Ein Highlight der Offenbahrung meiner eigenen Dämlichkeit ereignete sich erst im vergangenen Jahr. (Womit die Theorie, dass man mit dem Alter weiser würde, auch ad absurdum geführt wird.) Ich lernte Eike auf irgendeinem Empfang kennen. Er stach mit seinen golden Löckchen und dem bübischen Grinsen angenehm erfrischend aus der Masse der anwesenden möchte-gern-kreativen-schwarze-klamotten-tragenden Werber heraus. Er hatte einen eher zierlichen Körper und strahlte die Unschuld eines griechischen Jünglings aus. Ich wollte ihn haben.
Ein paar Wochen später verhalf mir der Zufall zu einem erneuten Treffen, bei dem ich das durch langjährigen Konsum diverser Frauen-Gazetten einstudierte Repertoire weiblicher Verführungsrituale einem erneuten Test unterziehen konnte. Ich zweifle noch immer an der Wirksamkeit dieser Rituale, aber an diesem Abend zeigten sie Erfolg. Ich landete in Goldlöckchens Bett und verbrachte eine lustige Nacht. Am nächsten Morgen brachte er mich nach Hause und verabschiedete sich mit einem nonchalanten „Man sieht sich.“ So ging das ja nun gar nicht. Ich sehe mich selbst ungern als einmaligen Ausrutsch. Fazit: ich musste etwas unternehmen, um das Huren-Maria-Syndrom zu umgehen. Also das ganze umdrehen. Ein paar Tage später hörte ich, dass er mit einer dicken Erkältung bei der Arbeit sass. Also schickte ich ihm ein Care-Paket, mit den üblichen Wehwehchen-Heilern, einem Roman, Tempos und einer Tupperdose selbstgemachter Hühnersuppe. Einen solchen Überschwang „mütterlicher“ Zuwendung konnte er nicht ignorieren und so wurde ich mit einer Einladung zu einem Kochabend bei seinen Freunden belohnt. Der Abend war wirklich schön: gemeinsames Kartoffelschnippeln kombiniert mit vorsichtigem umeinander-herumschwarwenzeln endete in wildem Geknutsche zwischen schmutzigem Geschirr. Da er zuviel Wein getrunken hatte, wollte er nicht mehr mit dem Auto (mit dem wir gemeinsam hingefahren sind) zurück. Da ich aber keine Lust hatte, ein halbes Vermögen für eine Taxifahrt (seine Freunde wohnten in einem Vorort) auszugeben, bot ich an, sein Auto zu fahren. Bei dem Gefährt handelte es sich um einen älteren, tiefergelegten BMW. (Spätestens das hätte mir eine Warnung sein sollen.) Als wir in seine Straße einbogen, warnte er mich vor den Hubbeln, die man in verkehrsberuhigten Straßen üblicherweise findet. Er hatte sich erst neulich an einem solchen Hubbel die Ölwanne aufgerissen und wollte das nicht so schnell wieder riskieren. Es folgte ein Kichern von meiner Seite (jaja, bin ja nicht blöd... – außerdem fuhr ich auch nicht schneller als 30 km/h) und ein riesiger Rums. Der kam irgendwie vom Auto. Begleitet wurde der Rums von einem bestialischen Ölgestank.
Oh.
Ich parkte am Seitenrand (praktischerweise direkt vor seiner Haustür) und warf ein Blick auf die Straße. Zwanzig Meter Ölspur.
Oh oh.
Dann sah ich in sein Gesicht. Tränen standen in seinen Augen. Mit brüchiger Stimme stammelte er irgendetwas von „so teuer / was soll ich jetzt machen / nicht schon wieder / ich weiss gar nicht, wie ich das bezahlen soll / ...“ Ich nahm ihn in den Arm und versprach, dass ich mich um alles kümmern würde. Ich würde die Reparatur bezahlen und den Abschleppdienst und die Feuerwehr rufen. Das tat ich dann auch. Es klappte alles wie am Schnürchen. Der ADAC war innerhalb kürzester Zeit da. Fast zur gleichen Zeit traf die Feuerwehr ein, mit denen ich die Formalitäten regelte. In den drei Tagen, die sein Auto in der Werkstatt stand, lieh ich ihm meinen Wagen, damit er nicht mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren musste. Ich habe noch lange an diese aufregende Nacht zurückgedacht. Nicht zuletzt wurden meine Erinnerungen auch wegen der mit einem Haarteppich überzogenen Sitze meines Autos, die sein Hund freundlicherweise großzügig hinterlassen hatte, lebendig gehalten.
Der erste Kostenvoranschlag der Werkstatt belief sich auf EINTAUSEND Euro. Schluck. Mal abgesehen davon, dass ich prinzipiell ein Minus vor meinem Kontostand habe, wollte ich in bälde in den Urlaub fahren. Tja. Sollte wohl nicht sein.
Zum Glück war es dann doch nur die kleine Ölwanne: DREIHUNDERT Euro. Naja, zu diesem Zeitpunkt war ich nur glücklich, dass es sooo viel weniger war, als erwartet.
Das nächste Malheur folgte nach ein paar Wochen. Wir hatten es uns bei Kerzenschein mit einer Flasche Wein auf seiner Matratze, die das Bett darstellen sollte bequem gemacht und taten Dinge, die man üblicherweise zu zweit auf Matratzen tut, wenn man nicht gerade schläft. Im Eifer des Gefechts, während eines improvisierten Stellungswechsels passierte es dann. Mein Fuss stiess gegen die offene, auf dem Fussboden stehende Weinflasche. Die fiel und traf sein Handy. Selbiges war kurz zusammengefasst: im Arsch. Nix ging mehr. Wieder schaute ich in ein Paar von Trauer umhüllte Augen. Um einem erneuten Zusammenbruch vorzubeugen, bot ich daher schnell an, mich auch darum zu kümmern. Zu diesem Zeitpunkt, glaubte ich noch, dass ich als Firmenhandybesitzer und somit herausragend umsatzstarker Kunde eines bestimmten Mobilfunkanbieters, sicherlich problemlos an ein neues Handy kommen würde. Dem war nicht so. Aber versprochen ist versprochen. Ich kaufte ihm über Ebay ein neues Handy: EINHUNDERT Euro. Auch wenn sich inzwischen eine kleine Stimme in meinem Kopf bemerkbar machte, die mir sagte: DU hast das Handy nicht neben das Bett gelegt, DU hast die offene Weinflasche nicht dorthin gestellt, DU hast auch nicht allein auf seiner Matratze gelegen und aus Spaß mit den Beinen gestrampelt.
Es mag sein, dass ich ab und zu ein wenig zur Tolpatschigkeit tendiere. Auch bin ich so erzogen worden, dass ich für meine Fehler Verantwortung übernehme. Aber man kann doch von männlicher Seite auch ein wenig Großzügigkeit oder ein Angebot zum Teilen der Kosten erwarten, oder?
Ein paar Wochen später rief er mich in der Firma an, weil ich seine Bitten um Rückruf ignorierte. Er wollte wissen, was er mit der Rechnung von der Feuerwehr für die Beseitigung der Ölspur machen sollte. EINHUNDERT Euro. Ich schickte ein zickiges „ja was glaubst Du wohl“ durch den Hörer und wir „einigten“ uns schließlich auf Hälfte / Hälfte.
Seitdem haben wir uns nicht mehr getroffen. Ab und an beschwert er sich per SMS oder auf meiner Mailbox darüber. Vermutlich braucht er einen neuen Fernsehr. Aber ehrlich gesagt war mir der Goldjunge einfach zu teuer geworden.
P.S.: Ich habe übrigens kurz danach endlich eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Man weiss ja nie...
Ein Highlight der Offenbahrung meiner eigenen Dämlichkeit ereignete sich erst im vergangenen Jahr. (Womit die Theorie, dass man mit dem Alter weiser würde, auch ad absurdum geführt wird.) Ich lernte Eike auf irgendeinem Empfang kennen. Er stach mit seinen golden Löckchen und dem bübischen Grinsen angenehm erfrischend aus der Masse der anwesenden möchte-gern-kreativen-schwarze-klamotten-tragenden Werber heraus. Er hatte einen eher zierlichen Körper und strahlte die Unschuld eines griechischen Jünglings aus. Ich wollte ihn haben.
Ein paar Wochen später verhalf mir der Zufall zu einem erneuten Treffen, bei dem ich das durch langjährigen Konsum diverser Frauen-Gazetten einstudierte Repertoire weiblicher Verführungsrituale einem erneuten Test unterziehen konnte. Ich zweifle noch immer an der Wirksamkeit dieser Rituale, aber an diesem Abend zeigten sie Erfolg. Ich landete in Goldlöckchens Bett und verbrachte eine lustige Nacht. Am nächsten Morgen brachte er mich nach Hause und verabschiedete sich mit einem nonchalanten „Man sieht sich.“ So ging das ja nun gar nicht. Ich sehe mich selbst ungern als einmaligen Ausrutsch. Fazit: ich musste etwas unternehmen, um das Huren-Maria-Syndrom zu umgehen. Also das ganze umdrehen. Ein paar Tage später hörte ich, dass er mit einer dicken Erkältung bei der Arbeit sass. Also schickte ich ihm ein Care-Paket, mit den üblichen Wehwehchen-Heilern, einem Roman, Tempos und einer Tupperdose selbstgemachter Hühnersuppe. Einen solchen Überschwang „mütterlicher“ Zuwendung konnte er nicht ignorieren und so wurde ich mit einer Einladung zu einem Kochabend bei seinen Freunden belohnt. Der Abend war wirklich schön: gemeinsames Kartoffelschnippeln kombiniert mit vorsichtigem umeinander-herumschwarwenzeln endete in wildem Geknutsche zwischen schmutzigem Geschirr. Da er zuviel Wein getrunken hatte, wollte er nicht mehr mit dem Auto (mit dem wir gemeinsam hingefahren sind) zurück. Da ich aber keine Lust hatte, ein halbes Vermögen für eine Taxifahrt (seine Freunde wohnten in einem Vorort) auszugeben, bot ich an, sein Auto zu fahren. Bei dem Gefährt handelte es sich um einen älteren, tiefergelegten BMW. (Spätestens das hätte mir eine Warnung sein sollen.) Als wir in seine Straße einbogen, warnte er mich vor den Hubbeln, die man in verkehrsberuhigten Straßen üblicherweise findet. Er hatte sich erst neulich an einem solchen Hubbel die Ölwanne aufgerissen und wollte das nicht so schnell wieder riskieren. Es folgte ein Kichern von meiner Seite (jaja, bin ja nicht blöd... – außerdem fuhr ich auch nicht schneller als 30 km/h) und ein riesiger Rums. Der kam irgendwie vom Auto. Begleitet wurde der Rums von einem bestialischen Ölgestank.
Oh.
Ich parkte am Seitenrand (praktischerweise direkt vor seiner Haustür) und warf ein Blick auf die Straße. Zwanzig Meter Ölspur.
Oh oh.
Dann sah ich in sein Gesicht. Tränen standen in seinen Augen. Mit brüchiger Stimme stammelte er irgendetwas von „so teuer / was soll ich jetzt machen / nicht schon wieder / ich weiss gar nicht, wie ich das bezahlen soll / ...“ Ich nahm ihn in den Arm und versprach, dass ich mich um alles kümmern würde. Ich würde die Reparatur bezahlen und den Abschleppdienst und die Feuerwehr rufen. Das tat ich dann auch. Es klappte alles wie am Schnürchen. Der ADAC war innerhalb kürzester Zeit da. Fast zur gleichen Zeit traf die Feuerwehr ein, mit denen ich die Formalitäten regelte. In den drei Tagen, die sein Auto in der Werkstatt stand, lieh ich ihm meinen Wagen, damit er nicht mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren musste. Ich habe noch lange an diese aufregende Nacht zurückgedacht. Nicht zuletzt wurden meine Erinnerungen auch wegen der mit einem Haarteppich überzogenen Sitze meines Autos, die sein Hund freundlicherweise großzügig hinterlassen hatte, lebendig gehalten.
Der erste Kostenvoranschlag der Werkstatt belief sich auf EINTAUSEND Euro. Schluck. Mal abgesehen davon, dass ich prinzipiell ein Minus vor meinem Kontostand habe, wollte ich in bälde in den Urlaub fahren. Tja. Sollte wohl nicht sein.
Zum Glück war es dann doch nur die kleine Ölwanne: DREIHUNDERT Euro. Naja, zu diesem Zeitpunkt war ich nur glücklich, dass es sooo viel weniger war, als erwartet.
Das nächste Malheur folgte nach ein paar Wochen. Wir hatten es uns bei Kerzenschein mit einer Flasche Wein auf seiner Matratze, die das Bett darstellen sollte bequem gemacht und taten Dinge, die man üblicherweise zu zweit auf Matratzen tut, wenn man nicht gerade schläft. Im Eifer des Gefechts, während eines improvisierten Stellungswechsels passierte es dann. Mein Fuss stiess gegen die offene, auf dem Fussboden stehende Weinflasche. Die fiel und traf sein Handy. Selbiges war kurz zusammengefasst: im Arsch. Nix ging mehr. Wieder schaute ich in ein Paar von Trauer umhüllte Augen. Um einem erneuten Zusammenbruch vorzubeugen, bot ich daher schnell an, mich auch darum zu kümmern. Zu diesem Zeitpunkt, glaubte ich noch, dass ich als Firmenhandybesitzer und somit herausragend umsatzstarker Kunde eines bestimmten Mobilfunkanbieters, sicherlich problemlos an ein neues Handy kommen würde. Dem war nicht so. Aber versprochen ist versprochen. Ich kaufte ihm über Ebay ein neues Handy: EINHUNDERT Euro. Auch wenn sich inzwischen eine kleine Stimme in meinem Kopf bemerkbar machte, die mir sagte: DU hast das Handy nicht neben das Bett gelegt, DU hast die offene Weinflasche nicht dorthin gestellt, DU hast auch nicht allein auf seiner Matratze gelegen und aus Spaß mit den Beinen gestrampelt.
Es mag sein, dass ich ab und zu ein wenig zur Tolpatschigkeit tendiere. Auch bin ich so erzogen worden, dass ich für meine Fehler Verantwortung übernehme. Aber man kann doch von männlicher Seite auch ein wenig Großzügigkeit oder ein Angebot zum Teilen der Kosten erwarten, oder?
Ein paar Wochen später rief er mich in der Firma an, weil ich seine Bitten um Rückruf ignorierte. Er wollte wissen, was er mit der Rechnung von der Feuerwehr für die Beseitigung der Ölspur machen sollte. EINHUNDERT Euro. Ich schickte ein zickiges „ja was glaubst Du wohl“ durch den Hörer und wir „einigten“ uns schließlich auf Hälfte / Hälfte.
Seitdem haben wir uns nicht mehr getroffen. Ab und an beschwert er sich per SMS oder auf meiner Mailbox darüber. Vermutlich braucht er einen neuen Fernsehr. Aber ehrlich gesagt war mir der Goldjunge einfach zu teuer geworden.
P.S.: Ich habe übrigens kurz danach endlich eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Man weiss ja nie...
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