Cassandras Kopfkino
Freitag, 21. November 2008
ZWISCHENMELDUNG
cassandra, Freitag, 21. November 2008, 23:38
Filed under: Aus dem Leben eines Hypochonders
Wenn man den Beipackzettel meines Antibiotikums (des ersten in meinem Leben) in Punktgröße 12 drucken würde, ergösse er sich über 4 A4 Seiten.
Um einen kurzen Ausschnitt zu zitieren:
"Häufig treten Schwindelgefühl, Kopfschmerz, Müdigkeit, Erregtheit (Oh!), Zittern und Verwirrtheitszustände (Ah! Das erklärt vieles.) auf. Selten kommt es zu ... (sehr viele Wörter) Erhöhung des Schädelinnendrucks (das wird meinen Augenarzt sehr freuen), Angstzuständen, Alpträumen, Verstörtheit, Depressionen und Halluzinationen."
Dann ist da von "krankhaften Veränderungen des Verhaltens (psychotischen Reaktionen), Verlust des Hör- und Geruchsvermögens, Leber- und Nierenversagen, Lähmung" u.v.m. die Rede.
Mich beschleicht gerade ein wenig das Gefühl, dass dieses Medikament mich krank machen könnte. (Die ersten Anzeichen für eine einsetzende geistige Umnachtung zeigen sich immerhin bereits in der Tatsache, dass ich nach 2,5 Monaten Funkstille über einen Beipackzettel berichte.)
Dabei wollte ich hier an dieser Stelle eigentlich nur GANZ DEUTLICH bekunden, dass ich NICHT krank bin.
Auch wenn einige Leute das Gegenteil behaupten.

Meiner Apothekerin brauche ich beispielsweise nicht mehr unter die Augen zu treten. Mit einem Blick auf das Rezept entwich ihr ein von einer hochgezogenen Augenbraue begleitetes "Ooooh!" Gefolgt von: "Was haben sie sich denn da eingefangen?". Statt diese Frage zu beantworten, entgegnete ich lediglich mit einem "Ich habe keine Ahnung, wo ich das schon wieder her habe. Es war furchtbar, aber inzwischen habe ich eigentlich gar keine Symptome mehr."
Irgendwie ging ich wohl davon aus, dass sie wusste, was ich da mit mir rumtrage. Ein späterer Blick auf den Beipackzettel zeigte jedoch, dass die kleinen Pillchen auch gegen den Tripper eingesetzt werden. Super. Jetzt kann ich mir eine neue Apotheke suchen.

Vor drei Wochen ging es plötzlich los. Von einem Tag auf den anderen hatte ich plötzlich Schmerzen an jeder Stelle meines Körpers mit einer beeindruckenden Konzentration in Kopfhöhe, Fieber, Schüttelfrost, einen verlässlich regelmässig und häufig auftretenen Stuhl von wässriger Konsistenz und fühlte mich, als hätte mich die Schnauze eines LKWs bei voller Fahrt geknutscht.
Zwei Tage war ich kaum in der Lage mich mehr als fünf Meter am Stück durch die Wohnung zu bewegen. An Tag drei war zumindest das Fieber verschwunden und so begab ich mich zum Arzt. Der meinte was von Magen-Darm-Gedöns und gab mir etwas zur Beruhigung des Bauches, denn inzwischen hatten sich höllische Krämpfe zu den Symptomen gesellt. Als man mich bat, freundlicherweise eine Probe meiner Absonderungen zu hinterlassen, konnte ich lässig (und ein klein wenig stolz) sagen: "Kein Problem. Geben sie mir zwei Minuten."
Ich weiss gar nicht, ob man darüber nachdachte, mich anzurufen und über die Laborergebnisse aufzuklären. Drei Tage später (nach 5 Tagen der erste, an dem ich bei der Beurteilung der Beschaffenheit meines Stuhls in Verzückung geriet) rief ich selbst an, um mich darüber zu informieren, was ich denn da nun gehabt habe.
Die Dame am Telefon meinte nach einem Blick in meine Akte, dass sie mir das leider nicht am Telefon sagen könne, ich mich aber sofort zum Arzt bewegen solle, um ein Antibiotikum abzuholen. Ausserdem hätte man mich dem Gesundheitsamt gemeldet. Das wäre zwar nicht weiter wild, aber man müsse dies tun, weil ich ja unter Umständen eine Epidemie auslösen könnte. Vor Schreck musste ich ganz schnell auflegen und wieder auf die Toilette rennen.
Der Arzt rief dann noch mal an und klärte mich darüber auf, dass ich zum einen Salmonellen hätte und zum anderen man leider nicht wüsste, welches Medikament denn nun für mich geeignet wäre. Das Labor hatte wohl vergessen, die Resistenz des Bakteriums zu testen. Und da ich ja wohl eh schon so gut wie gesund wäre, könne man ja auf eine weitere Medikamentierung verzichten und ich solle in den nächsten Tagen lediglich eine weitere Probe vorbei bringen.
Tja. Diese Entscheidung könnte auch an der Tatsache gelegen haben, dass es Freitag mittag war.

Nun gut. Das Ergebnis der zweiten Probe traf dann eine Woche später ein und zu diesem Zeitpunkt war ich beschwerdefrei und trotzdem positiv getestet. Jetzt nehme ich also seit gestern diese wundervollen Medikamente und bin sehr beliebt bei meinen Kollegen. Meine Beteuerungen, dass sich die Testergebnisse auf einen Krümel Kot beziehen, der 10 Tage alt ist und dass sich mein Körper inzwischen sicherlich längst selbst geheilt hat, will mir niemand so ganz glauben. Aber egal. Ich schliesse mich einfach die nächsten Tage zu Hause ein, gebe mich ein wenig meinen Alpträumen, Depressionen und Halluzinationen hin, während ich das Leberversagen durch das eine oder andere Glas Rotwein beschleunige. À votre santé!

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Donnerstag, 21. Dezember 2006
GESUNDHEITS-CHECK ZUM JAHRESENDE
cassandra, Donnerstag, 21. Dezember 2006, 11:15
Filed under: Aus dem Leben eines Hypochonders
Ich bin ein regelmäßiger Konsument von Unmengen von Wein und tierischen Fetten, meide Obst und rohes Gemüse wie Hundehaufen auf der Straße, finde gedünstetes Gemüse ebenso belanglos, wie alles, was Vollkorn enthält und trinke zu wenig Wasser.
Meine Blutwerte entsprechen jedoch denen eines alkoholabstinenten Vegetariers. Ein Viertel des normalen Blutfettwertes, zu wenig rote Blutkörperchen ("Das kommt schon mal vor bei Leuten, die wenig Fleisch essen."), Leberwerte bei 18, wobei bis 60 normal ist.
Die Herzrhythmusstörungen, die ich seit der Kindheit habe, sind verschwunden.
Ich bin ein medizinisches Wunder. Und strotze vor Gesundheit. Da stimmt doch was nicht.

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