Cassandras Kopfkino
Mittwoch, 26. Januar 2005
EINDRÜCKE
cassandra, Mittwoch, 26. Januar 2005, 00:20
Filed under: Auf Reisen
Irgendwann wachte ich durch ein kleines Geräusch auf. Ich drehte mich auf die andere Seite und zog die Decke unter das Kinn. Mein Blick fiel auf das Gesicht neben mir. Sie schlief friedlich. Hatte den Kopf in ihrer Armbeuge vergraben und bei jedem Atemzug hob und senkte sich der zusammengekauerte Körper ein wenig. Ich kannte Sie nicht. Wir hatten am Abend zuvor nur wenige Sätze gewechselt. Sie war Amerikanerin und nicht in der Stimmung für seichte Gespräche. (Paradox, ich weiß.)
Ich fühlte mich leer und ausgetrocknet. Die Wasserflasche stand in Reichweite. Zwei Meter Luftlinie. Nur ihr Körper trennte mich von dem rettenden Nass.
Ich stand auf, um die Anhäufung aus Gliedmaßen, Sitz und Körpermasse genauer analysieren zu können. Der Sitz des Vordermanns war so weit zurückgestellt, dass er ihre Füße berührte. Die Chancen, das Wasser zu ereichen, ohne sie zu wecken schienen aussichtlos. Ich spreizte mein linkes Bein, um einen weitausholenden Schritt über ihren Körper zu wagen. Das eine Bein in der Luft, das andere schwankend nach Halt suchend hielt ich inne. Für einen Moment war ich von der Intimität, eine mir unbekannte Person breitbeinig von Angesicht zu Angesicht zu besteigen, befremdet. Ich zog das linke Bein zurück, auf Vorsicht bedacht, sie dabei nicht zu berühren und drehte ihr den Rücken zu. In dieser um 180 Grad veränderten Position startete ich einen erneuten Versuch, hob das Bein ein weiteres Mal schwungvoll über ihren Körper und zögerte erneut. Was wenn sie nun durch eine leichte Berührung erwachte und sich das erste Bild des neuen Tages, ein über ihrem Gesicht schwebender, fremder Hintern in ihr Hirn brannte.
Alles zurück auf Start. Kurz alle Möglichkeiten erwägen. Nichts zu trinken kam nicht in Frage. Ich war einer Dehydrierungsohnmacht nahe. Eine Flugbegleiterin aus dem Schlaf zu reissen, um nach einem Glas Wasser zu verlangen, erschien mir angesichts der Nähe selbigens zu dekadent.
Ich grübelte ein paar Minuten und verwarf die Idee, auf die Lehne zu klettern schnell, da DAS Bild im Falle ihres Erwachens vermutlich ein größeres Trauma bei ihr verursacht hätte, als mein Hintern. Daher entschied ich mich für diese, etwas weniger intime Besteigungsvariante. Aus Mangel an artistischem Vermögen und dank verschlafener Motorik gelang mir die Überwindung des Hinternisses natürlich nicht, ohne dass ich ihr einen kräftigen Tritt mit dem wild baumelnden Bein verpasste. Gottseidank erwachte sie jedoch nicht gänzlich, sondern stöhnte nur schlaftrunken.

Zum Ausgleich für die Reisestrapazen durfte ich einen entzückenden Sonnenaufgang bewundern.

Den ersten Tag in Sao Paulo habe ich ein wenig vernebelt wahrgenommen. Den halben Tag kämpfte ich gegen das Verlangen, meinem Sitznachbarn im Auto in den Schoß zu erbrechen, da das schwüle Klima meinen Kreislauf arg beanspruchte.
Die zweite Hälfte des Tages trabte ich in sommerlichen Absatzschühchen meiner Truppe hinterher. Vollkommene Fehlentscheidung in punkto Fußbekleidung. Da ist wohl die Vorfreude auf wärmere Temperaturen mit mir durchgegangen.

Einzig das Hotelzimmer bot mir am gestrigen Tag eine willkommende Oase des Rückzugs mit vielen Zerstreuungsmöglichkeiten.


Blick aus meinem Hotelzimmer.

Der WASHLET TOTO in meinem Hotelbadezimmer hat mein Herz erobert. Am liebsten würde ich ihn mit zurück nach Hause nehmen. Er wärmt den Sitz angenehm vor, so dass man getrost ein wenig länger als gewöhnlich auf dem stillen Örtchen verbringen kann. Ich muß zugeben, noch niemals im Leben ein Bidet benutzt zu haben. Zum einen ängstigt mich die Vorstellung, eine unberechenbare Wasserfontäne in Richtung empfindlicher Körperöffnungen loszulassen, zum anderen weiss ich nicht, wie ich mich richtig positioniere, um die Wassermassen in die vorgesehende Richtung zu lenken. Der WASHLET TOTO nimmt dem Skeptiker derartige Unsicherheiten. Wo man (oder frau) es sich schon mal auf dem Thron bequem gemacht hat, braucht man nur noch ein (bis drei) Knöpfchen zu drücken und die Toilette übernimmt die Waschung gleich mit. Wassertemperatur und -stärke sind stufenlos einstellbar.
Ein Traum.


Die Sao Paulianer bauen gerne hohe Häuser.


Telefontrockenhauben, auch für kleine oder sitzende Nutzer

Alle 200 Meter sieht man in Sao Paulo Polizistenlitfasssäulen. So viel zum Thema Sicherheit in Brasilien.

(Mit Verkehrssündern müssen sich die Beamten vermutlich jedoch weniger herumschlagen, als hierzulande. Auf dieser Straße (wohlgemerkt eine der größten in der Innenstadt) darf man sportliche 70 km/h fahren.)

In Sao Paulo ist heute Feiertag. Man zelebriert den 451. Geburtstag der Stadt. Da viel gefeiert wird, wird auch viel getrunken. Zum Zwecke der Ausscheidung der Flüssigkeiten hat man überall in der Stadt Toilettenhäuschen aufgestellt. Sehr löblich.




Das Wetter hier ist eher feucht. Von Zeit zu Zeit feuchter als erwünscht. Die Sao Paulianer ließen sich jedoch heute nicht von Ihrer kleinen Love Parade abhalten und feierten, was das Zeug hielt. (Wir natürlich nicht, sind ja nicht zum Spaß hier. Jawoll!)













Ich hoffe, dass sich die Feuchtigkeit bis zum Wochenende wider fängt, weil ich ansonsten wohl etwas länger bleiben muss.

Heute sind wir in wackligen Fahrstühlen, die eine gefühlte Reisezeit von 20 Minuten hatten, auf diverse Dächer gefahren, um die Stadt von oben anzuschauen. Die Odyssee in den 30. Stock eines abrissverdächtigten Gebäudes, begleitet von abstrusen und undefinierbaren Geräuschen, zauberte einen leichten Grauschleier auf das eine oder andere Gesicht.











Die Aussicht war jedoch atemberaubend.
Weit und breit nichts als abgerockte Hochhäuser.


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