Cassandras Kopfkino
Montag, 15. Mai 2006
MEINE NEUEN FREUNDINNEN
cassandra, Montag, 15. Mai 2006, 23:26
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Vor zwei Wochen hinterliessen sie einen ersten kleinen Gruß. Nichts, was sofort ins Auge fällt und den Argwohn der Gastgeberin weckte, sondern eher ein kleinlautes "Hallo, liebe neue Mitbewohnerin".
Beim morgendlichen Duschen rutschten die weiblichen Füsse plötzlich auf einer feinen Kiesschicht am Boden des Keramikbeckens aus. Die junge Frau, die an den Füssen dran hing, stiess einen spitzen Schrei aus und griff haltsuchend ins Leere, da die Duscharmaturen in ihrem zukünftig-wunderschönen Badezimmer vorübergehend demontiert sind. Der Grund des Missgeschicks liess sich bei -5,5 Dioptrin auf beiden Augen nicht ohne Zuhilfenahme von sichtverbessernden Maßnahmen eroieren. Doch die Sehhilfe lieferte keine weiterführende Erkenntnis.
Der Vorsprung vor dem Badezimmerfenster, der gleichzeitig als Duschablagefläche für Schönheitsmittelchen herhält, war trotz geschlossenem Zustand des selbigen komplett eingesandet. Ein Teil der grobkörnigen Materie hatte ihren Weg auf den Boden der Wanne gefunden. Nun mag der zynische Leser boshaft auf die Duschgewohnheiten der Schreiberin verweisen: "So eine handelsübliche Dusche neigt ja nun eher selten dazu, innerhalb von Stunden zu versanden. Wer weiss, seit wann die Gute ihre Badbaustelle nicht mehr aufgesucht hat..." An dieser Stelle kann nur auf die bereits erwähnte Sehschwäche und unzureichende Zurechnungsfähigkeiten sowie ausgeprägte Wahrnehmungsdefizite vor 12 Uhr mittags hingewiesen werden.


Da stand sie nun mit nassem Haar, einem expandierenden Hämatom auf der linken Pobacke und Brille auf der Nase und starrte auf die Fensterbank auf der Suche nach einem Sandleck. Säuberlichst verfugte Fliesen, hochtemperaturfähig-silikon-gespritze Fliesen-Becken-bzw.-Fenster-übergänge und besagtes geschlossenes Fenster gaben Anlass zu ahnungslosem Schulterzucken.
Ein Schwall Wasser und ein paar Tage in Hamburg mit freundlichen Menschen liessen den Sand in Vergessenheit geraten.

Der Griff zum Shampoo eines schönen Morgens nach erfolgter Heimkehr offenbahrte neue Überaschungen. Jeder, der einmal am Strand eine nicht zur Gänze geschlossene Flasche Sonnenschutzcreme, deren Plastikummantelung schön eingefettet und daher einen Hang zur Adhäsion aufweist, durch den Sand gekickt hat, um sich daraufhin genüsslich einzuölen, kann das Gefühl gut nachvollziehen. Ein Blick auf die übrigen Gegenstände auf der Ablagefläche zeigte, dass sie ebenfalls Mitbringsel aus einem nie gelebten Sommerurlaub aufwiesen.
Irma, die schwarze Quietschente, thronte götzengleich auf einem kleinen aber fein angehäuften Sockel groben Kieses.

Durch die Brillengläser wurde das Wunderwerk der Miniaturarchitektur etwas genauer begutachtet. Und siehe da: ein paar emsige Ameisen, eine jede ein Sandkörnchen geschultert, spazierten über den Fenstervorsprung, um im Schutz von Irmas Busen ihr neues Reich zu errichten.

Irma ist inzwischen aufs Waschbecken umgezogen, doch auch ihrer heidnischen Gottheit beraubt und allmorgendlichen Duschen ausgesetzt, lassen sich meine neuen Mitbewohnerinnen nicht vom Einzug abschrecken, sondern bringen nun auch noch ihre Familienangehörigen mit.

Ich werde wohl etwas härtere Maßnahmen ergreifen müssen.

Gerade beim Nachhausekommen ein riesiges Silberfischchen in der Küche entdeckt.

Aaaaargh. STERBT, IHR ELENDEN VIECHER! ICH DULDE IN MEINER WOHNUNG NUR BEFELLTE HAUSTIERE, DIE BEFÄHIGT SIND, EINEN NAMEN MIT IHRER PERSON ZU ASSOZIIEREN. ICH WERDE EUCH ALLE AUSRÄUCHERN! VERECKT!

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