Cassandras Kopfkino
ICH HABE DIESES BUCH NOCH IMMER NICHT AUFGEGEBEN...
cassandra, Samstag, 18. Dezember 2004, 00:55
Filed under: Kopfkram
Ich, das steht mal fest, war nie ein Freund. Ich habe keinen gefunden, der mich liebt. Die Liebe gibt es nur in den Nächten, bevor ich mit dem Menschen war, den ich mir ausgesucht hatte, der mich unglücklich machen sollte.
Lag ich in der Nacht, die vor der Liebe immer hell war, und habe gedacht: Wie ich ihn halten wollte, den Menschen, meinen Menschen, unter der Bettdecke mit kleinen Tieren spielen. Und singen wollte ich dem Menschen, bis er lacht, und lachen wollte ich mit ihm, bis wir aus dem Bett fielen, ihn wecken, in der Nacht, wenn der erste Schnee fällt, und rauslaufen, und dann ihn halten, bis ihm warm würde. Ich wollte alle Wege mit ihm gehen, die ich in meiner Einsamkeit gegangen bin, und die Wege wären neu. Ich wollte ihn füttern mit Kartoffelbrei und auf kalten Feldern laufen, nicht reden, weil das Gesicht gefroren, heim ins Bett und unter der Bettdecke mit kleinen Tieren spielen.
Ich wollte den Menschen in der Nacht ansehen, nie mehr schlafen, satt sein nur vom Betrachten seiner Arme, wollte ihm die Tränen essen, sagen, du musst nicht mehr weinen, ich muß nicht mehr weinen, weil wir nicht mehr allein sind, wollte Sandburgen bauen, ihm aus Büchern lesen und die Fingerspitzen küssen, alle hundert nacheinander.
Das dachte ich in den Nächten mit der Idee einer Person, und war so aufgeregt, wie ein Geschenk erhalten war es mir.
Dann kam der Mensch, er war aus Fleisch und eigenen Gedanken, es wurde meiner für eine Zeit, und nie fühlte es sich an wie in den Nächten, da ich träumte. Er war nur Schweigen und Haut, die kalt war und mir fremd, Gedanken, die ich nicht verstand, und Feindschaft von uns beiden, von mir und von ihm, weil es sich für uns beide so anders anfühlte als die Idee.
War das Schweigen zu groß, irgendwann der Geruch zu schlecht, dann ging ich oder der andere, es war egal. Es tat weh eine Zeitlang, eine tote Idee ist nicht lustig, bis ich mich wieder ablenkte und von einem Menschen träumte, der mich retten würde.

Sibylle Berg "Ende gut"

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dondahlmann, Montag, 20. Dezember 2004, 19:53
Sybille Berg ist ja auch so eine, mit der man mal gerne in Zürich am See essen gehen würde, vielleicht danach noch in eine Bar, und da richtig abschießen, so lange, bis man endlich weiß ob sie weinen kann, oder nicht.

Ich würde Frau Berg gerne einmal kennenlernen und mich hemmungslos mit ihr betrinken, muss aber zugeben, dass sie vermutlich die einzige Frau ist, vor der ich Angst hätte. Angst, dass sie schneller ein vernichtendes und verachtendes Urteil fällen würde, als man selbst in der Lage ist einen Eindruck zu hinterlassen. Da müsste schon eine Menge Rotwein im Spiel sein...

Die einzige? Haben Sie es gut...

Och, Sie armer Herr Kid ;-)
Gott sei dank bin ich ja kein Mann ;-)))) Aber SIE haben doch keinen Grund, Angst vor Frauen zu haben. Ganz im Gegenteil, die sollten sich vor Ihnen in acht nehmen.
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