Cassandras Kopfkino
Donnerstag, 18. August 2005
WIE FINDE ICH NEUE FREUNDE?
cassandra, Donnerstag, 18. August 2005, 02:16
Filed under: Alltag
Frisch Umgezogenen kann ich diesbezüglich einen ganz heissen Tip geben.
Die ideale Möglickeit, seiner neuen Nachbarschaft etwas näher zu kommen, setzt eine Wohnung im Erdgeschoss voraus. Man verzichte bitte auf das Anbringen von Vorhängen, Rollos o.ä. an den riesigen Wohnzimmerfenstern zur Straße heraus und schon lernt man ganz ungezwungen Angehörige verschiedener Altersgruppen und Gesellschaftsschichten kennen.

Bereits nach dem dritten Betreten meiner neuen Wohnung begrüßte mich der Inhaber des chinesischen Imbiss' von der gegenüberliegenen Straßenseite mit einem Winken. Da fühlt man sich doch direkt heimisch.

Jeder zweite Passant wirft zumindest einen kurzen Blick in mein kleines Reich. Einige bleiben stehen und unterhalten sich mit einer der auf dem Fensterbrett ruhenden Katzen.
Neulich stoppte ein junger Mann abrupt vor meinem Fenster und starrte herein. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, den Kopf schief zu legen und zurück zu starren. Prompt fühlte er sich in seinem Starren ertappt und gestikulierte wild mit den Händen. Ich schaute mich um und kapierte irgendwann, dass er auf ein Bild zeigte, dass hinter mir an der Wand lehnte. Enttäuscht, dass er nicht gedankenverloren in mein Antlitz versunken war, sondern lediglich eine Leinwand anglotzte, drehte ich mich zurück zu ihm. Er hob den Daumen und wackelte zustimmend mit dem Kopf. (Vielleicht sollte ich Preisschilder ins Fenster kleben?)

Heute war ein besonders kontaktreicher Abend.
Ich widmete mich einer schrecklichen, unglaublich frustrierenden Aufgabe: dem Bügeln. Plötzlich riss mich ein Klopfen an der Fensterscheibe aus meinem konzentrierten Schaffen. Eine hübsche Asiatin stand draussen und grinste und winkte. Da ich ein höflicher Mensch bin, grinste und winkte ich zurück. Sie beugte sich zum Fensterspalt und rief mir ein "Viel Spaß" hinein, bevor sie ihren Weg fortsetzte.
Dieses Ereignis war mir im Nachhinein doch ein wenig peinlich, da ich im Bademantel bekleidet, auf den Fernsehr glotzte und mechanisch vor mich hinbügelte machte mir meine große Aufgabe bewusst, mein Publikum zu unterhalten und nicht mit derart öden Tätigkeiten zu langweilen. Daher räumte ich den Hausfrauenkram aus dem Weg und starrte bügellos auf den Fernsehr. Bis es erneut am Fenster klopfte. Diesmal standen fünf oder sechs junge Menschen dort draussen und winkten. Leider konnte ich in diesem Moment nur schüchtern zurück lächeln. Das nächste Mal gehe ich bestimmt mit ihnen auf die Rolle und mach' mal so richtig einen drauf.

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