Cassandras Kopfkino
Montag, 5. Februar 2007
ENDLICH HABEN WIR ALLE EINE CHANCE AUF EINE ERFOLGREICHE ABMAHNUNG KARRIERE IM SHOWBUSINESS
cassandra, Montag, 5. Februar 2007, 18:12
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Ich fürchte, mein Job wird demnächst wohl richtig kompliziert. Bisher war es so gewesen, dass wir Darsteller für Dreharbeiten im Zuge eines Castings ermittelt haben. Dreht man z.B. einen Schokowerbespot, in dem sich eine Mutti mit "ihrem" Kind im Pralinentaumel befindet, sagt man der Firma, die das Casting durchführt, erst einmal, wie man sich die Darsteller so vorstellt. Diese Vorstellungen sind in der Regel vom ästhetischen Empfinden der Auftraggeber und des Regisseurs sowie von dem Glauben, welcher Typ Mutter und Kind vom Publikum präferiert werden, geprägt. Sucht man z.B. eine 35-40 jährige Blondine, schlank (weil ja der übermäßige Verzehr genau dieser Schokolade eigentlich ÜBERHAUPT nicht dick macht) mit tollen Zähnen und ein dazu optisch passendes Kind, lädt man ausschließlich Modelle / Schauspieler / Laiendarsteller nach diesen Vorgaben zum Casting ein.
Seit dem wir aber nun das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz haben, ist dies so nicht mehr möglich. Theoretisch darf eine dunkelhaarige Frau, eine 60-jährige Dame oder sogar ein Mann gegen uns klagen, da sie sich durch diese Stellenbeschreibung diskriminiert fühlen. Der politisch-korrekte Aufruf zum Casting müsste daher lauten: "Darsteller für Werbespot gesucht." Ohne Angabe von Geschlecht, Alter, Aussehen, ethnischer Zugehörigkeit, Religion (mmmh) und sexueller Präferenz.
Demnächst wird es also sehr viele dicke, alte, hässliche und homosexuelle Menschen in der Werbung geben. Endlich. Die 120 Kilo schwere Dame, die sich in sexy Unterwäsche auf dem Bett räkelt, die 83-jährige, die sich hüftenschwingend einen iPod Shuffle ans Revers steckt und nicht die Mutter wird ihrem Kind die Schokolade zustecken, sondern ein junger (oops) Mann, steckt seinem Freund genüsslich eine Praline in den Mund.
Die Flut an Abmahnungen wird meinem beruflichen Alltag eine zusätzliche, spannende Komponente und mehr Pepp verleihen.
Ich freu' mich jetzt schon.

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Donnerstag, 28. Dezember 2006
DINGE, DIE KEINER BRAUCHT
cassandra, Donnerstag, 28. Dezember 2006, 17:04
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
• Nach etlichen Jahren begrüsst werden mit: "Du bist aber groß geworden."
"Wie? Ich wachse eigentlich seit geraumer Zeit nicht mehr. Zumindest nicht in die Höhe."
"So direkt wollte ich das nicht sagen."

• Ehemalige Lieblingslehrer, die fragen, wie es einem geht. Und auf das "Gut." mit einem: "So siehst du aber nicht aus." antworten.

• "Vorhin sagte jemand, dass Du bestimmt koksen würdest."

• "Warum hast du dich über all' die Jahre nie bei mir gemeldet? Ich hatte deiner Mutter doch meine Visitenkarte gegeben."

• "Jetzt hast Du gerade deinen Ex-Freund verpasst."
"Hä? Der war doch noch nicht mal auf unserer Schule."
"Er wollte dir kurz Hallo sagen. Auf jeden Fall sollen wir dich fotografieren und im ein Bild von dir mailen."

• "Und? Was machst du so?"

• Dialoge über die besten Kindergärten im Land Brandenburg.

• Klassentreffen als solche.

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Mittwoch, 20. Dezember 2006
AUSGLEICHENDE GERECHTIGKEIT
cassandra, Mittwoch, 20. Dezember 2006, 13:28
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Und dann war da noch ein mittelmäßiger Regisseur, der eine Mail mit angehängtem Film und dem Betreff "Mein neustes Meisterwerk" an einen meiner Kollegen schickte. Da der Kollege im Urlaub war, lud jemand anderes den Film herrunter, in gutem Glauben, es handele sich um einen neuen Werbespot, und sah sich konfrontiert mit dem auf Video gebannten Kopulationsgebaren eines Pärchens bei schlechter Beleuchtung. In einer der Rollen versuchte der Sender der Mail zu überzeugen. Der Mailtext gab begleitende Hintergrundinformationen zum "Meisterwerk": "Meine Eroberung des letzten Wochenendes. Die Alte ist etwas lahm, aber ich verspreche, dass das Casting beim nächsten Mal besser ist."
Schade, dass wir die Mail damals gelöscht haben. In letzter Zeit überkam mich arg oft das Bedürfnis, sie an mein komplettes Adressverzeichnis zu verschicken. Vielleicht merkt man dann in den Agenturen, dass der Herr Regisseur vollkommen stilbefreit ist.

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Mittwoch, 29. November 2006
KONTOAUSZUGSAUSZUG
cassandra, Mittwoch, 29. November 2006, 22:46
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Hallo meine liebe Deutsche Bank,

ich wollte Dir mal sagen, dass ich ganz entsetzlich enttäuscht von Dir bin. Eigentlich bin ich ja zu Dir gewechselt, weil meine andere Bank mir zu frech wurde. Haben die mir doch tatsächlich irgendwann ins Gesicht gesagt, dass ich nicht mit Geld umgehen könnte. Und das ohne einen einzigen Schufa-Eintrag, abzuzahlenden Kredit, irgendwelche anderweitigen Schulden von den 8 Euro für Zigaretten, die mir meine Kollegin geliehen hatte, konnten die echt wirklich nichts wissen., sondern nur, weil ich stets am Rande meines Dispos, den mir selbige Bank wohlwollend genehmigt und sich monatelang in Gold Zinsen hat vergelten lassen, wandelte. Die konnten ja nicht wissen, dass ich jährlich in meinem Job eigenverantwortlich so über 'n Daumen 3 Mio ausgebe. Mein Chef hat sich nie über mein monetäres Handlingsvermögen beschwert, aber das war mir dann auch zu doof, der alten Bank das zu erklären.

Also bin ich dann zu Dir gekommen. Im großen und ganzen lief das mit uns beiden auch okay.
Ein bißchen genervt war ich dann schon, dass du dich nicht an unsere Vereinbahrung, unsere Beziehung auf unpersönliche Online-Quickies zu beschränken, gehalten hast. Wir hatten uns darauf geeinigt: keine Gefühlsduselei und kein Gelaber. Reine Befriedigung unserer Bedürfnisse. Kein Händchenhalten, kein gemeinsames Gesehenwerden in der Öffentlichkeit. Wir beide sind alt genug, um genau zu wissen, was wir wollen und holen es uns vom anderen. Die auf reinem Egoismus fundierte Basis unseres Verhältnisses, das die Ewigkeit hätte überdauern können.
Das wirkte ja schon fast verzweifelt, dass mich regelmäßig eine deiner Beraterinnen anrief, um mal kurz zu reden, ich sie freundlich, aber bestimmt abwimmelte, nicht nur, weil es mitten am Tag, sondern auch mitten in einer Kundenabnahme geschah, nur um 30 Minuten später einen anderen Berater an der Strippe zu haben, der das gleiche wollte.
Ich muss gestehen, dass wir uns vermutlich beide nicht ganz richtig verhalten haben und mich aufrichtig bei dem zweiten Anrufer entschuldigen, den ich jedes Mal am Telefon anschrie, dass ICH GERADE ECHT NICHT REDEN KANN UND WILL. Das war wirklich nicht nett. Der Arme konnte ja gar nix dafür, dass auf deinen Angestelltenmonitoren pünktlich alle sechs Wochen zeitgleich (oder vielleicht auch um 30 Minuten versetzt) der Satz "Wir müssen heute unbedingt unsere Beziehung zu Cassandra vertiefen." aufblinkte. So eine Verführung hätte man sicher auch subtiler gestalten können, aber sie widersprach ganz klar meinem Bedürfnis nach Ungebundenheit und dem Wunsch nach anonymer, schneller und schmutziger unkomplizierter Befriedigung.
Ich weiss, das klingt jetzt furchtbar hart und gefühlskalt, aber leider empfinde ich nun mal so. Als Du im Sommer dann jeden dritten Tag um Rückruf flehend und verlockende Versprechungen flüsternd auf meine Mailbox gesprochen hast, habe ich erstmals gemerkt, dass wir uns (mit unseren Ansprüchen aneinander) auseinander gelebt haben. Aber so schnell kann niemand aus seiner Haut. Die eigene Bequemlichkeit bezüglich alter Gewohnheiten lässt sich nicht von heute auf morgen ausmerzen. Deine Verfügbarkeit, wenn mir der Sinn danach war, erschien mir schlicht und ergreifend recht praktisch. Ich ging Dir aus dem Weg und ignorierte deine Anrufe. Ganz schön clever von Dir, dass Du mich dann letzte Woche, ohne der Empfangsdame am Telefon dein Anliegen zu verraten, in der Firma erwischt hast.
Als ich Dir erklärte, dass ich keinen Kredit aufnehmen möchte, um meinen Dispo zurückzuzahlen, mit der Begründung, dass die hohen Dispo-Zinssätze eine willkommende und selbst auferlegte Bestrafung für meinen ausschweifenden Lebenswandel sind, hast Du ganz schön geschluckt, nicht? Dass ich keine Altersvorsorge abzuschliessen wünsche, weil ich ja schon tod sein könnte, wenn ich in deren Genuss käme, hat Dir dann vollständig die Sprache verschlagen. Aber so bin ich nun mal und du hast es nie erkannt.

Heute hast Du diese Sache zwischen uns beiden dann endgültig versaut.
Was muss ich da auf meinem Kontoauszug lesen:



Ich soll Dir die Adresse meiner Wohnung mitteilen, in der ich seit 1,5 Jahren wohne und in deren (mit meinem Namen beschrifteten) Briefkasten Du in der Vergangenheit bereits des öfteren die eine oder andere Nachricht hinterlassen hast, weil Du bereits 14,00 Euro meines Geldes ungefragt und offensichtlich erfolglos für einen Anruf bei der Auskunft ausgegeben hast? 14,00 Euro für einen Anruf? Für einen Bruchteil dieses Geldes hättest Du doch auf meinem Handy, bei mir zu Hause oder in meiner Firma anrufen können. Die Nummern hast Du doch auch alle herausbekommen, ohne mir das in Rechnung zu stellen.
Ist das jetzt die Strafe dafür, dass ich nicht das selbe wollte wie Du? Jetzt hast Du es mir aber mal so richtig gezeigt, gell? Zwar nicht so effektvoll, wie Autotüren mit dem Schlüssel zu zerkratzen oder herumzuerzählen, dass ich voll das kleine, unbedeutene, unaufregende Konto habe, aber Du wusstest genau, dass ich mich trotzdem ärgern würde. Jaaaa. Geschafft. Ich mache Schluss. Gibt ja noch genügend Fische im Meer und so. Ich kann es mir auch von wem anderes besorgen lassen. Schade das alles, aber Du hast es so gewollt.

P.S.: Ich weiss, dass Dich jetzt mein Zorn geballt trifft. Das ist natürlich ein wenig unfair. Meinem lieben Postboten schreibe ich jetzt gleich auch noch ne Mail. Von ihm werde ich mich nämlich auch trennen. Ein Paket aus Amerika (50 Euro Versand) und ein Brief sind zurückgegangen. Soweit ich weiss. Empfänger nicht bekannt.


P.P.S.: Weiss eigentlich irgendeiner meiner sehr verehrten Leser, an wen ich mich bei der Deutschen Post wenden muss, um denen zu bestätigen, dass ich, deren Name auf Klingelschild und Briefkasten steht, auch wirklich hier wohne?

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Donnerstag, 23. November 2006
MOTZEN IM KOPFKINO
cassandra, Donnerstag, 23. November 2006, 21:45
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
• Wo ist mein "CSI Las Vegas"? Erst machen die mir meinen Mittwoch-VOX-Abend kaputt, ganz zu schweigen von meinem fernsehfreien Donnerstag und nun? Hä? Rätselshow?

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• Wieso muss ich eigentlich ständig mit einer Bäckereifachverkäuferin darüber streiten, dass ich mein Schwarzbrot nicht 5mm dick geschnitten haben möchte?

Das ist ja jetzt doch wieder genau so dünn wie beim letzten Mal.
Aber sie haben doch gesagt, sie möchten es dünner?
Nein. Ich habe gesagt, beim letzten Mal war es zu dünn geschnitten. Diesmal möchte ich es dicker.
Aber Schwarzbrot kann man nicht dicker schneiden. Das wird zu hart zum Kauen.
Das kriege ich schon hin. Ausserdem ist es ungesund, wenn der Belag dicker ist als das Brot, daher hätte ich es gern dicker.
Ihnen ist das Brot so also zu dünn.
Ja.
Wie dick hätten Sie es denn gerne?
7mm.
Das ist zu dick. Das macht man nicht.
Ich probiere es halt mal aus.
Sie wollen dieses Brot jetzt nicht nehmen und ich soll ihnen ein neues schneiden?
Ja.
Mmmmh.

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• Warum fahre ich eigentlich jeden Abend ca. 20 Minuten auf der Suche nach einem Parkplatz um den Block, laufe dann, beladen mit drei schweren Einkaufstüten, Handtasche, Laptop und 10 Litern Katzenstreu, im strömenden Regen zu meinem Haus, vor dem just dann, wenn ich vor der Haustür ankomme, direkt davor ein Parkplatz frei wird?

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• Weshalb bin ich eigentlich die EINZIGE Autofahrerin in Deutschland, die noch den Blinker setzt, wenn sie auf der Suche nach einem Parkplatz ist, die Spur wechselt oder abbiegen möchte? Ja meine lieben Motorisierten-straßen-mit-benutzer: Blinker. Das sind diese lustigen kleinen Lämpchen rechts, links, hinten, vorne, die einem immer so freudig zuzwinkern, wenn man den Türöffner auf der Fernbedienung drückt. Die zeigen anderen KFZ-Führern, wie mir z.B., dass man vorhat, vom regulärem Fahrverhalten wie z.B. dem Geradeausfahren bei einer Geschwindigkeit von 50km/h bei grüner Ampelschaltung, abzuweichen. Dann wird man auch nicht wütend fluchend beschimpft und angehupt, wenn man mit 20km/h über die Straßen kriecht.

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• Wann haben eigentlich Einfahrten aufgehört, sich als solche darzustellen? Mit einem hübschen Schildchen dran, auf dem eine verständlich skizzierte Abschleppszenerie dem Falschparker droht? Wie soll man in einer verregneten Novembernacht ein Rolltor ausmachen, dass sich irgendwo innerhalb einer 20 Meter langen Stahlumzäunung (vor der diverse Fahrzeuge parken) versteckt und sich nicht als Einfahrt ausweist?

Suchbild

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• Wer hat mir eigentlich eine derartige Ehrfurcht vor Behörden eingetrichtert?
Laut heutigem Telefonat mit dem Anwalt ist eine Abschleppfirma verpflichtet, das Fahrzeug ohne Bezahlung der Abschleppkosten vor Ort herauszugeben, wenn sie keine Inkasso-Bevollmächtigung der Behörden vorweisen können. Da ich sowieso bereits auf den Hinterbeinen stand und auf Rückgabe pochte, Gerichtsurteile zitierte und mit Gesetzestexten um mich warf, konnte mich auch die Androhung, die Polizei zu rufen, nicht abschrecken. Während des 15minütigen Telefonats mit einem Polizisten klopfte mein Herz dann jedoch derart laut und schnell, dass ich befürchten musste, dass der Herr jeden Augenblick in schallendes Gelächter ausbrechen würde. Erst als er anfing, persönlich zu werden (Ich weiss gar nicht, warum Sie sich derart weigern, die Gebühren zu zahlen. Wenn es sich um 10.000 Euro handeln würde, könnte ich Sie verstehen. Aber es geht um 100 Euro. Ob Sie nun im Recht sind oder nicht, ist doch egal. Nun stellen Sie sich mal nicht so an. Das werden Sie sich schon leisten können.) fing ich an, richtig sauer zu werden.
Kampf bis zum Ende ausgefochten.
Auto dann doch nur gegen Bezahlung wiederbekommen.

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Thema Wetter, berufliche Zukunft und Weihnachtsgeld werde ich jetzt mal nicht anreissen.

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Dienstag, 14. November 2006
ÜBERSCHRIFT WIRD NACHGEREICHT
cassandra, Dienstag, 14. November 2006, 14:21
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Heute morgen erwachte ich mit der Erkenntnis, dass ich nicht nur total bescheuert bin, sondern auch dringend einen neuen Supermarkt benötige.
Wurzel allen Übels ist mal wieder der Rotwein. Warum musste ich gestern abend auch eineinhalb Flaschen in trauter Einsamkeit vernichten?
Andererseits ist ein geistiges Getränk, das solch tiefschürfende Einblicke in meine Persönlichkeit ermöglicht, nicht grundsätzlich zu verdammen. Die Einsicht war auch weniger der Menge des konsumierten Rauschmittels zuzuschreiben, als vielmehr dessen Erwerb.
Während ich nämlich mit dicken Kopf durch die Wohnung schlurfte und versuchte, nicht auf die Katzen zu treten, die mir futterbettelnd um die Beine wuselten, holte mich das Gefühl ein, das bereits gestern beim Zücken der EC-Karte an der Supermarktkasse kurz aufgeflickert war. Irgend etwas stimmt nicht. Ohne einzelne Preise zu kennen oder gar im Kopf meine Einkäufe zu addieren, bin ich ein Bon-Hellseher. Ob 30 Euro oder an besseren Tagen 180 Euro: mein Bauch sagt mir stets, wieviel Geld ich im Wagen vor mir herschiebe. Meist liege ich +/- 5 Euro richtig. Nur eben gestern zwickte es kurz in meinem Bauch, als ich für ein wenig Schinken, Zigaretten, Erdbeeren und 4 Flaschen billigen Wein über 50 Euro zahlte. Das Zwicken wurde jedoch von einem geringfügigen Groll auf die Preispolitik des Supermarktes und einem Anflug von Scham angesichts der langen Schlange vor der einzigen geöffneten Kasse überlagert.
Eigentlich wollte ich nur eine Flasche Wein erwerben. Doch den Verlockungen der Werbung ist man auch als Werber nicht gefeit. Den Südafrikaner, der mit 4,99 Euro ausgezeichnet war, gab es laut Reklameschildchen nämlich "für kurze Zeit für 3,99 Euro". Da schlägt die dank ihres Urlaubs des Geldes verlustig gegangene Rotweinliebhaberin natürlich zu und kauft gleich vier Flaschen. An der Kasse leuchteten dann plötzlich eine neongrüne 4,99 auf dem Display. Die arme Kassierin, die trotz meiner vielfältigen Entschuldigungen genervt die Augen rollen liess, musste wohl oder übel den Schichtleiter rufen, was mir ausreichend Gelegenheit bot, jeden einzelnen in der immer länger werdenen Schlange stehenden um Verzeihung zu bitten. Natürlich war es sehr unhöflich von mir, ohne Rücksicht auf die Miteinkäufer auf meinem Rabatt zu bestehen, wenn nur eine einzige Kasse geöffnet ist. Doch, wie bereits erwähnt, der Urlaub hat ein wirklich beachtliches Loch auf meinem Konto hinterlassen und da stellt man sich auch mal für vier Euro auf die Hinterbeine. Leider hatte niemand der Wartenen ein Ohr für meine Urlaubsgeschichten und ich erntete nur noch mehr Augenrollen und von Herzen kommende Seufzer, als der Schichtleiter nach ein paar Minuten endlich kam, um gleich wieder zu entschwinden und meine Behauptungen zu prüfen. Gottseidank stellten sie sich als wahr heraus und das Reklameschild wanderte in den Papierkorb. Ich war also nicht nur Querulantin, sondern auch letzte Nutzniesserin des Schnäppchenpreises.
Die Kassierin stornierte den Wein und bonierte den neuen Preis.
Schleunigst suchte ich das weite, bevor mein Karma unter den bösen Blicken der anderen Einkaufenden zu leiden käme.
Heute morgen dann also dieses Gefühl, das die Dinge nicht im Lot wären und der Grund allen Übels im Wein begründet läge. Als auch die Kopfschmerztablette das gelobte Linderungsversprechen nicht lieferte, warf ich doch noch einen Blick auf den gestrigen Einkaufsbon und siehe da: Ein Storno von 4,99 Euro. Nicht vier. Ich hatte meinen Wein also trotz Rabatts zweimal bezahlt. Rein rechnerisch hatte ich also sogar 3 Flaschen am Abend zuvor geleert. (Für die Klugscheisser unter meinen Lesern waren es natürlich 2,625, da ja eine rabattiert wurde, was einen Dreisatz von 7:4 & x:1,5 ergibt.)
Nun ja: aufgerundete 3 Flaschen Rotwein auf nüchternen Magen haut selbst mich von den Socken. Vielleicht sollte ich noch eine Runde schlafen, bevor ich mich heute abend wieder in den Supermarkt begebe, um mal ein intimes Gespräch mit den Schichtleiter zu führen. Hoffentlich ist es der gleiche wie gestern.

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Freitag, 22. September 2006
DER ZAHN DER ZEIT...
cassandra, Freitag, 22. September 2006, 23:58
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Hinter dem Tresen haengt ein Schild, auf dem steht: We ID everyone up to 30.
Als ich meinen Wein bestelle, will der Barkeeper keinen Ausweis sehen. Also entweder sehe ich heute verdammt schlecht aus oder der Typ kann hellsehen und weiss, dass ich heute 31 geworden bin.
Ich verkrieche mich jetzt wieder ins Bett und werde mich (weiter) betrinken.

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Donnerstag, 10. August 2006
BEFINDLICHKEITSBLOGGEN PART 54
cassandra, Donnerstag, 10. August 2006, 17:15
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Mein momentaner Tagesablauf besteht darin, um 7:00 Uhr aufzustehen, das Haus zu verlassen und zwischen 2:30 Uhr und 4:00 Uhr (MORGENS) heimzukommen und mich in den Schlaf zu weinen grübeln. Dazwischen: Telefonieren und Mails schreiben. The same procedure next day.
Gefühlte 5 Packungen Zigaretten am Tag und vergessene Nahrungsaufnahmen resultieren in Dauerübelkeit und das Hirn hat inzwischen eine breiige Konsistenz angenommen. Letzteres wurde gerade eben wieder unter Beweis gestellt, als ich mit einem wildfremden Mann ein paar Sätze wechselte, der mich in eine Parklücke winkte und mir erst nach fünf Minuten bewusst wurde, dass ich mit ihm Englisch gesprochen habe. Einfach so. Auf einer Straße in Düsseldorf.
Die Scheisse klebt mir derzeit kiloweise am Hacken. Egal was ich mache: es geht in die Hose.
War ja klar, dass ich unsere Flüge am Sonntag über London gebucht habe. Selbstverständlich gibt es diverse Flugverbindungen nach Los Angeles, aber es passt gut ins derzeitige Gesamtbild.

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Freitag, 4. August 2006
HEUTIGE ERKENNTNIS (EINE VON VIELEN)
cassandra, Freitag, 4. August 2006, 02:29
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
(Biometrische) Passbilder immer nach 12 Stunden Schlaf, ausreichend Make-up-Auflage und am besten im Urlaub aufnehmen lassen.

(Der Fotograf: "Sie dürfen schon noch an was angenehmes denken. Es sollte nur nicht zu angenehm sein.")

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Donnerstag, 3. August 2006
ICH WERDE EUROPA NIE WIEDER VERLASSEN
cassandra, Donnerstag, 3. August 2006, 15:26
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Vorsichtig ausgedrückt, könnte man behaupten, ich stünde derzeit ein wenig unter Stress. Trotzdem möchte ich es mir nicht nehmen lassen, auf den Zug Flieger aufzuspringen und meinen Senf zum Thema „etwas verkompliziertere Einreisbedingungen in die Vereinten Staaten“ abzugeben. (wie man hier und hier sieht, reist ja halb Kleinbloggersdorf in diesem Jahr in die USA.)
Momentan habe ich ja gerade mal sehr viel Zeit, sitze ich doch gerade zum zweiten mal innerhalb einer Woche auf dem Einwohnermeldeamt.

Es hätte alles so schön sein können: der Liebste und ich reisen vier Wochen durch den Südwesten der USA. Erst neulich schwelgte ich in Erinnerungen, als ich mit ihm telefonierte. Ich erzählte ihm von meiner letzten Reise von vor 5 Jahren, als ich beim Packen in der Nacht vor dem Flug feststellte, dass der Reisepass abgelaufen war. Wie ich heulend gegen Mitternacht mit den Jungs vom Bundesgrenzschutz auf dem Flughafen telefonierte, die zwar viel Mitleid, aber auch nicht wirklich Hilfe anbieten konnten. Wie ich am nächsten Morgen, einem Samstag, zwei Tage vor Weihnachten, morgens vor dem Amt stand, eine Handynotfallnummer entdeckte, sich der Herr, der nicht einmal in Düsseldorf wohnte, sich tatsächlich sofort ins Auto setzte, um mich zu treffen und mir einen vorläufigen Pass auszustellen und ich trotzdem meinen Flieger erwischte, der um 10 Uhr vom Boden abhob.
Ich musste angesichts der Erinnerung an meine Schusseligkeit schmunzeln und während der Liebste mir seine Vorstellungen über das ferne Land in den Hörer säuselte, stand ich vom Sofa auf, um doch einen kurzen, beruhigenden Blick auf meinen Pass zu werfen. Nun. Was soll ich sagen. Das unzuverlässige Stück war bereits im Mai ausgelaufen.
Ich liess also in den folgenden Tagen ein den biometrischen Normen entsprechendes Abbild meiner selbst anfertigen. Leider entfaltet sich der Charme meiner Physiogonomie erst bei einem Lächeln mit leicht geneigtem Kopf. Ich war jedoch an diesem Tag zu müde, um die blutunterlaufenen Augen, das von der Hitze aufgeschwemmte Gesicht und den Mund mit den herabhängenden Winkeln zu kritisieren und ergab mich klaglos meinem Schicksal. Vermutlich ist es auf diese Weise auch ganz spannend. Bisher lief ich nämlich mit einem Foto in Pass und Personalausweis (muss ich erwähnen, dass er ebenfalls abgelaufen war?) durch der Herren Länder, dass meinem Aussehen eher schmeichelte, um nicht zu sagen übertrieb. Zumindest hatte es den Effekt, dass die Beamten bei der Grenzüberschreitung immer erwartungsvoll von meinen Papieren aufblickten und dann verstört wieder den Kopf senkten. Mit meinem neuen Pass kann ich wenigstens garantieren, dass ich in persona stets wesentlich besser aussehe, als auf dem enthaltenen Bildnis.
Ich beantragte ohne erwähnenswerte Probleme die Dokumente und das könnte bereits das Ende einer vollkommen nichtssagenden Geschichte sein, wenn da nicht der eingangs erwähnte Stress wäre.
Ich arbeite nämlich gerade an einem recht aufwendigen Projekt, bei dem ich es mit Chinesen und Amerikanern zu tun habe. Eine auf Grund der Zeitverschiebungen äusserst ungünstige Kombination, die meine Anwesenheit im Büro eigentlich rund um die Uhr erforderlich macht. Nun hat es sich vor zwei Tagen ergeben, dass ich vermutlich am 13. August in die USA fliegen muss. Selbstverständlich ist mein Reisepass bis dahin nicht fertig und die Einreise mit einem vorläufigen Pass seit Anfang des Jahres unmöglich.
Nun gibt es genau zwei Möglichkeiten, doch noch in die USA zu kommen. Die erste besteht darin, einen Express-Antrag für einen Reisepass zu stellen. Dieser Prozess beschleunigt nicht etwa die bereits vorliegende Bestellung, sondern startet einen neuen Erstellungsvorgang, während der erste storniert wird. Ich entschied mich für die zweite Variante, denn über die Tatsache, dass man dafür noch einmal fast 100 Euro zahlen muss, ohne die bereits gezahlten 59 Euro erstattet oder angerechnet zu bekommen, geriet ich ein wenig in Rage.
Die zweite Möglichkeit hört sich einfach an: man beantragt einen vorläufigen Pass und ein Besuchervisum. Nach ein paar Telefonaten stellte sich die Abwicklung wie folgt dar:
• Man vereinbahrt einen Termin im amerikanischen Konsulat in Frankfurt zu einem Interview, in dem man auf Herz und Nieren auf seine Absichten geprüft wird.
Pech, wenn der nächstmögliche Termin übermorgen um 7:30 Uhr ist und der darauf folgende am Tag nach dem geplanten Abflug. Dann hat man nämlich genau einen Tag Zeit, um die anderen Dinge zu erledigen.
• Man rennt zum Einwohnermeldeamt. Nicht das Bürgerbüro, wo man 5 Minuten aber leider eben auch ein paar Tage auf den vorläufigen Pass wartet, sondern die Hauptniederlassung. Das ist die, wo man zwei Stunden versucht, das Prinzip der Nummernverlosung zu verstehen und man, während munter 700er und 800er Nummern aufpoppen, fassungslos auf seinen Zettel mit der 124 starrt.
• Man überweist die Visa Gebühren. Natürlich nicht online, das wäre zwar einfach, aber nachweislos und prinzipiell muss man sich an den Gedanken gewöhnen, im Umgang mit den amerikanischen Behörden alles nachzuweisen. Also geht man zu seiner Bank des Vertrauens und lässt sich einen Stempel machen.
• Man geht wieder zum Fotografen. Nun könnte man darauf verweisen, dass man ja noch vom letzten Mal ein paar Verbrecherfotos übrig hat... Gilt aber nicht. Für’s Visum hätte man gerne eine quadratische Form von 5x5cm. Mir sind keinerlei Automaten und Fotografen bekannt, die das überhaupt anbieten.
• Man lädt ein Formular aus dem Netz herunter und füllt es aus. (Zu Beginn glaubte ich tatsächlich, dass dies der einzige zu vollziehende Schritt auf dem Weg in die USA ist.)
• Man erbringt schriftliche Nachweise über die Notwendigkeit der Reise, die Finanzierbarkeit der Reise und den Beweis, dass man vorhat definitiv wieder das Land zu verlassen. Fragen nach der Art dieser Nachweise bleiben unbeantwortet. Reicht z.B. ein Schreiben meiner Firma, das besagt, dass sie für die Kosten der Reise aufkommen oder will man zusätzlich Kontoauszüge sehen? Muss ich meinen kompletten E-Mail-Verkehr, das Projekt betreffend mitbringen? Wie soll ich meinem Rückreisewunsch Ausdruck verleihen, wenn ich noch gar kein Flugtickt habe, weil ich derzeit weder weiss, wohin ich fliege, noch wann es zurück geht. „Auskünfte über die Art der Nachweise und darüber, was anerkannt wird oder nicht, erteilen wir prinzipiell nicht." teilte man mir am Telefon mit.

Diese Tortur erschien mir dann doch etwas unmöglich doch vorsorglich meldete ich mich für den heutigen Termin um 7:30 an. Eine Mail informierte mich darüber, dass man die Einladung zum Interview sehr ernst nimmt, dass ich auf keinen Fall mehr als 15 Minuten vor dem Termin erscheinen darf, weder Handy, Laptop, iPod oder Fotoapparat mit mir führen dürfte, weil man sie sonst wegwerfen würde und das man mich köpfen würdem wenn ich zu spät zu dem ca. 4-stundendauernden Termin erscheinen würde.
Vor lauter Arbeit vergass ich nur leider gestern, den Termin wieder abzusagen und nun haben wir den Salat: heute morgen um 7 Uhr war der Termin nicht mehr stornierbar und ich glänzte durch unentschuldigtes Fehlen. Da man meine Daten im System hat, müssen der Liebste und ich wohl langsam über alternative Urlaubspläne nachdenken.

*Die Nummer 124 wird aufgerufen. Ich bin gleich zurück...*

Nachtrag: Die spinnen doch alle, diese verdammten, vollidiotischen Panikmacher.
Die Warterei war umsonst. Mein Passbild wird nicht akzeptiert. Es interessiert auch niemanden, dass das selbe Bild vor wenigen Tagen noch für den beantragten Pass akzeptiert wurde. Plötzlich ist mein Gesicht 2mm zu kurz. War es letzte Woche nicht. Muss wohl geschrumpft sein. Auf dem Foto.
Jetzt wieder zum Fotografen. Wieder zum Amt.
Ihr könnt mich mal. Ich fahre an die Ostsee.

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