... neuere Einträge
OMEN
cassandra, Freitag, 13. Juli 2007, 19:38
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Freitag, der 13. und ein Hochdruckgebiet, das meinen (realen) Namen trägt.
Toll. Geradezu genial. Als hätte ich nicht schon genug Probleme mit zu hohem Druck. Das heisst dann wohl, dass ich NIEMALS aus diesem Krankenhaus komme.
By the way: Bis dato haben mich fast alle einheimischen Bloggerinnen hier drinnen besucht. Wann bewegen Sie denn mal Ihr knackiges Popöchen hierher, junge Frau? ;-)
(Morgen lasse ich mich für ein paar Stunden entführen, ummich hoffnungslos zu betrinken eine Hochzeit aufzusuchen, aber dann bin ich bestimmt noch ein Weilchen hier.)
Toll. Geradezu genial. Als hätte ich nicht schon genug Probleme mit zu hohem Druck. Das heisst dann wohl, dass ich NIEMALS aus diesem Krankenhaus komme.
By the way: Bis dato haben mich fast alle einheimischen Bloggerinnen hier drinnen besucht. Wann bewegen Sie denn mal Ihr knackiges Popöchen hierher, junge Frau? ;-)
(Morgen lasse ich mich für ein paar Stunden entführen, um
Kommentare (1 Kommentar) Kommentieren
TAG 4-6: AUF DEM WEG ZUR BESSERUNG
cassandra, Freitag, 13. Juli 2007, 11:20
Filed under: Ich beiss' in die Tischplatte
Am 4. Tag habe ich unerwartete Blutungen im Auge. Der Herr Doktor sagt mir bei der Visite, ich wäre kompliziert. Ich bin gekränkt. Man hat mich schon als vieles bezeichnet: zickig, anstrengend, nervtötend, egozentrisch, verwöhnt und rechthaberisch. Aber in der Regel bin ich mir darüber im klaren, dass ich zickig, anstrengend, nervtötend, egozentrisch, verwöhnt und rechthaberisch bin. Ich bin es oft sogar mit voller Absicht. Das macht mich berechenbar. Und Berechenbarkeit ist quasi das Gegenteil von Kompliziertheit. Trotzdem treffen bei mir all’ die Dinge ein, die stets im kleingedruckten als mögliche Risiken genannt werden.
Die Tage verlaufen relativ ereignislos. Mein Druck ist niedrig und gut. Mein Kreislauf stabilisiert sich, ich sehe aus, als hätte mir ein Pferd ins Auge getreten und renne einäugig durch die Gegend, weil alles so zugeschwollen ist, dass ich es nicht ohne Hilfe öffnen kann. Das Auge kann ich eh erst einmal vergessen. Nach den üblichen Untersuchungen will eine Assistenzärztin einen Sehtest machen. Ich frage sie, ob es ihr beliebt zu scherzen. Ich kann noch nicht einmal die Wand sehen, an der der Leuchtkasten hängt. Derzeit gelingt es mir lediglich, zwischen hell und dunkel zu unterscheiden.
Ich teile mein Zimmer mit Angela und Marilyn. Erstere ist Mitte 60, sehr dick und sehr gesprächig. Ohne Unterlass quasselt sie in breitem Neusser Dialekt. Sie ist ein wenig herrisch, aber auch sehr beliebt, denn wenn sie mir nicht gerade lautstark Geschichten aus ihrem Leben erzählt, hängt sie am Telefon oder unterhält riesige Besuchermengen, die sich in unserem winzigen Zimmer stapeln. Sie hat mich ins Herz geschlossen und ich wurde bereits von ihrem großen Bekannten- und Verwandtenkreis anektiert: muss ihren Besuchern von meinem Beruf erzählen, Fragen zu meinem Leben beantworten und ihr Ehemann flirtet sogar mit mir.
Marilyn hat nur eine Gemeinsamkeit mit Angela: sie redet auch gerne. Sie ist 75, sehr klein, zierlich und polnischer Herkunft. Sie spricht mich immer mit Frau Schulte an und nachdem ich ihr ungefähr 30x gesagt habe, dass ich nicht so heisse, ist sie zu Frau Cassandra übergegangen. Marilyn ist zwar sehr niedlich, macht meine Nächte jedoch zur Hölle. Sie kann nachts nicht bei geöffnetem Fenster schlafen und will stattdessen die Zimmertür geöffnet haben. Stundenlang starre ich des nächtens schwitzend an die Decke und bade in dem Neonflutlicht, das sich vom Flur aus ins Zimmer ergiesst.
Die Tatsache, dass beide Frauen ausdauernde Schnarcher sind, tut ihr übriges zu meiner Nachtruhe.
Während die beiden mich „unser Baby“ nennen, habe ich Ihnen ihre Namen bei einem Spiel verpasst.
So ein Tag im Krankenhaus kann nämlich sehr eintönig werden. Gegen 6 Uhr stehen die beiden Damen auf. Angela macht sich, lautstark die Ereignisse der Nacht auswertend, auf die Suche nach Kaffee (den es um diese Uhrzeit nie zu geben scheint), während Marilyn sich Lockenwickler in die Haare dreht. Sie wohnt bereits seit drei Wochen hier und bekommt nie Besuch, legt aber nach wie vor Wert auf eine tadelose Frisur.
Kurz vor 7 Uhr kommen die Schwestern ins Zimmer, um Blutdruck zu messen und Medikamente zu verteilen. Um 7:05 stehe ich auf und dusche manchmal (Hey. Immerhin wurde es mir untersagt.) und um 7:15 beginnt die Visite, zu der wir uns alle in einer Reihe auf Stühle vor die Behandlungszimmer setzen und darauf warten, aufgerufen zu werden. Ich komme stets zu spät und muss zum Ärger meiner Mitpatienten (die oft schon ab 7 Uhr dort sitzen) fast nie warten. Es zahlt sich also doch aus, kompliziert und unter 60 zu sein.
Um 8 Uhr gibt es Frühstück, um 12 Uhr Mittag und um 17 Uhr Abendbrot. Gegen 19 Uhr macht man sich bettfein und dazwischen passiert nichts. Es sei denn, man geht in den OP, aber ansonsten passiert GAR NICHTS. Nichts, nichts, nichts. Man darf nicht lesen und das Krankenhaus nicht verlassen.
Aus Ermangelung an Karten-, Brett- und Würfelspielen kam ich also auf die tolle Idee, dieses Post it Spiel zu spielen: man schreibt den Namen einer bekannten Persönlichkeit auf einen Post it und klebt ihn an die Stirn eines Mitspielers, der natürlich nicht sehen darf, was drauf steht. In Ermangelung von Post its, kann man auch durchaus Medikamentenanweisungszettel und Heftpflaster nehmen. So sass ich also mit Mrs. Monroe und Frau Merkel in der Runde, die beide nichts von Ihrer Identität wussten und nun raten mussten, wer sie sind. Frau Merkel und die Schwestern, die sich nach und nach in unserem Zimmer einfanden, umuns auszulachen mitzufiebern, hatten die Spielregeln schnell kapiert. Nur Marilyn tat sich damit ein wenig schwer.
Wir gaben ihr immer wieder Hinweise, um das Spiel in Gang zu halten.
“Fragen Sie doch mal, ob Sie schon tod sind.“ Marilyn bekam große, ängstliche Augen:
"Aber ich bin doch nicht tod. Ich sitze doch hier.“
„Doch. Sie sind tod. Sie sind ja nicht Sie selbst im Moment. Sie sind jemand anderes. Und diese Person ist tod.“
„Aber ich hatte doch noch gar keine Beerdigung. Ich kann nicht tod sein.“
Viele Erklärungsversuche später ist Marilyn wieder an der Reihe und schweigt hartnäckig.
“Sie müssen uns etwas fragen.“
Hilfloses Schweigen.
“Stellen Sie uns doch Fragen zu ihrem Beruf. Fragen Sie uns, was Sie beruflich gemacht haben.“
„Ich habe einen Schreibmaschinenkurs gemacht und später als Sekretärin gearbeitet...“
„NEIN.... Wir geben ihnen noch einen kleinen Tipp: Sie sind Schauspielerin. Aber manchmal singen sie auch.“
"Aber ich kann doch gar nicht singen. Meine Cousine, die Patrizia, die hat eine schöne Stimme..."
"NEIN. Sie sind raus. Ich bin dran."
Wenig später singen Angela und ich tatsächlich "Happy Birthday, Mr. President...", aber es hilft nichts.
Marilyn kam leider nie dahinter, wer sie war und wir haben es danach auch aufgegeben, weitere Spielchen zu spielen. (Wobei an dieser Stelle natürlich nicht unerwähnt bleiben sollte, dass ich bereits inach 3 läppischen Fragen gewann. Als Paris Hilton.)
Nun eilt uns unser Ruf über sämtliche Etagen des Krankenhauses voraus. Als einen Tag später eine neue Schwester das Zimmer betrat, um sich vorszustellen, fragte sie, ob wir denn die netten Damen seien, die immer so lustige Spiele spielen würden.
Freuen Sie sich jetzt schon auf die Fortsetzung dieser unglaublich spannenden Serie:
TAG 7: DER AUSBRUCH
Die Tage verlaufen relativ ereignislos. Mein Druck ist niedrig und gut. Mein Kreislauf stabilisiert sich, ich sehe aus, als hätte mir ein Pferd ins Auge getreten und renne einäugig durch die Gegend, weil alles so zugeschwollen ist, dass ich es nicht ohne Hilfe öffnen kann. Das Auge kann ich eh erst einmal vergessen. Nach den üblichen Untersuchungen will eine Assistenzärztin einen Sehtest machen. Ich frage sie, ob es ihr beliebt zu scherzen. Ich kann noch nicht einmal die Wand sehen, an der der Leuchtkasten hängt. Derzeit gelingt es mir lediglich, zwischen hell und dunkel zu unterscheiden.
Ich teile mein Zimmer mit Angela und Marilyn. Erstere ist Mitte 60, sehr dick und sehr gesprächig. Ohne Unterlass quasselt sie in breitem Neusser Dialekt. Sie ist ein wenig herrisch, aber auch sehr beliebt, denn wenn sie mir nicht gerade lautstark Geschichten aus ihrem Leben erzählt, hängt sie am Telefon oder unterhält riesige Besuchermengen, die sich in unserem winzigen Zimmer stapeln. Sie hat mich ins Herz geschlossen und ich wurde bereits von ihrem großen Bekannten- und Verwandtenkreis anektiert: muss ihren Besuchern von meinem Beruf erzählen, Fragen zu meinem Leben beantworten und ihr Ehemann flirtet sogar mit mir.
Marilyn hat nur eine Gemeinsamkeit mit Angela: sie redet auch gerne. Sie ist 75, sehr klein, zierlich und polnischer Herkunft. Sie spricht mich immer mit Frau Schulte an und nachdem ich ihr ungefähr 30x gesagt habe, dass ich nicht so heisse, ist sie zu Frau Cassandra übergegangen. Marilyn ist zwar sehr niedlich, macht meine Nächte jedoch zur Hölle. Sie kann nachts nicht bei geöffnetem Fenster schlafen und will stattdessen die Zimmertür geöffnet haben. Stundenlang starre ich des nächtens schwitzend an die Decke und bade in dem Neonflutlicht, das sich vom Flur aus ins Zimmer ergiesst.
Die Tatsache, dass beide Frauen ausdauernde Schnarcher sind, tut ihr übriges zu meiner Nachtruhe.
Während die beiden mich „unser Baby“ nennen, habe ich Ihnen ihre Namen bei einem Spiel verpasst.
So ein Tag im Krankenhaus kann nämlich sehr eintönig werden. Gegen 6 Uhr stehen die beiden Damen auf. Angela macht sich, lautstark die Ereignisse der Nacht auswertend, auf die Suche nach Kaffee (den es um diese Uhrzeit nie zu geben scheint), während Marilyn sich Lockenwickler in die Haare dreht. Sie wohnt bereits seit drei Wochen hier und bekommt nie Besuch, legt aber nach wie vor Wert auf eine tadelose Frisur.
Kurz vor 7 Uhr kommen die Schwestern ins Zimmer, um Blutdruck zu messen und Medikamente zu verteilen. Um 7:05 stehe ich auf und dusche manchmal (Hey. Immerhin wurde es mir untersagt.) und um 7:15 beginnt die Visite, zu der wir uns alle in einer Reihe auf Stühle vor die Behandlungszimmer setzen und darauf warten, aufgerufen zu werden. Ich komme stets zu spät und muss zum Ärger meiner Mitpatienten (die oft schon ab 7 Uhr dort sitzen) fast nie warten. Es zahlt sich also doch aus, kompliziert und unter 60 zu sein.
Um 8 Uhr gibt es Frühstück, um 12 Uhr Mittag und um 17 Uhr Abendbrot. Gegen 19 Uhr macht man sich bettfein und dazwischen passiert nichts. Es sei denn, man geht in den OP, aber ansonsten passiert GAR NICHTS. Nichts, nichts, nichts. Man darf nicht lesen und das Krankenhaus nicht verlassen.
Aus Ermangelung an Karten-, Brett- und Würfelspielen kam ich also auf die tolle Idee, dieses Post it Spiel zu spielen: man schreibt den Namen einer bekannten Persönlichkeit auf einen Post it und klebt ihn an die Stirn eines Mitspielers, der natürlich nicht sehen darf, was drauf steht. In Ermangelung von Post its, kann man auch durchaus Medikamentenanweisungszettel und Heftpflaster nehmen. So sass ich also mit Mrs. Monroe und Frau Merkel in der Runde, die beide nichts von Ihrer Identität wussten und nun raten mussten, wer sie sind. Frau Merkel und die Schwestern, die sich nach und nach in unserem Zimmer einfanden, um
Wir gaben ihr immer wieder Hinweise, um das Spiel in Gang zu halten.
“Fragen Sie doch mal, ob Sie schon tod sind.“ Marilyn bekam große, ängstliche Augen:
"Aber ich bin doch nicht tod. Ich sitze doch hier.“
„Doch. Sie sind tod. Sie sind ja nicht Sie selbst im Moment. Sie sind jemand anderes. Und diese Person ist tod.“
„Aber ich hatte doch noch gar keine Beerdigung. Ich kann nicht tod sein.“
Viele Erklärungsversuche später ist Marilyn wieder an der Reihe und schweigt hartnäckig.
“Sie müssen uns etwas fragen.“
Hilfloses Schweigen.
“Stellen Sie uns doch Fragen zu ihrem Beruf. Fragen Sie uns, was Sie beruflich gemacht haben.“
„Ich habe einen Schreibmaschinenkurs gemacht und später als Sekretärin gearbeitet...“
„NEIN.... Wir geben ihnen noch einen kleinen Tipp: Sie sind Schauspielerin. Aber manchmal singen sie auch.“
"Aber ich kann doch gar nicht singen. Meine Cousine, die Patrizia, die hat eine schöne Stimme..."
"NEIN. Sie sind raus. Ich bin dran."
Wenig später singen Angela und ich tatsächlich "Happy Birthday, Mr. President...", aber es hilft nichts.
Marilyn kam leider nie dahinter, wer sie war und wir haben es danach auch aufgegeben, weitere Spielchen zu spielen. (Wobei an dieser Stelle natürlich nicht unerwähnt bleiben sollte, dass ich bereits inach 3 läppischen Fragen gewann. Als Paris Hilton.)
Nun eilt uns unser Ruf über sämtliche Etagen des Krankenhauses voraus. Als einen Tag später eine neue Schwester das Zimmer betrat, um sich vorszustellen, fragte sie, ob wir denn die netten Damen seien, die immer so lustige Spiele spielen würden.
Freuen Sie sich jetzt schon auf die Fortsetzung dieser unglaublich spannenden Serie:
TAG 7: DER AUSBRUCH
Kommentare (5 Kommentare) Kommentieren
... ältere Einträge