Cassandras Kopfkino
Montag, 18. Oktober 2004
VOM ANSTREICHEN ÜBER'S MALEN ZUM FOTOGRAFIEREN...
cassandra, Montag, 18. Oktober 2004, 01:41
Filed under: Alltag
Heute morgen bin ich mit einem dröhnenden Brummschädel aufgewacht. Das hat man nun davon, wenn man luftdicht verpackt in der Abdeckplanenhölle nächtigt.
Die gestrige Anstreichaktion war ein Reinfall. Nachdem ich stundenlang den gesamten Raum liebevoll abgeklebt hatte, ging es ans Mischen der Farbe.
Das kam dabei heraus:

Da ein zahnpastafarbendes Schlafzimmer nicht nur meiner Libido abträglich ist, sondern auch dazu führen könnte, dass der Sonnenschein, der allmorgendlich ins Büro schwebt, plötzlich übelgelaunt dort erscheint (kommt sonst NIE vor :-), habe ich meine Verschönerungsaktivitäten erst einmal auf Montag verschoben. Dann haben die Baumärkte wieder geöffnet und ich kann erst einmal neue Farbe kaufen. Ich habe mir da was Grünes vorgestellt. Grün ist die Hoffnung und ich finde, dass ist ein schönes Motto für ein Schlafzimmer.

Nach ein paar Aspirin und einem ausführlichen Frühstück fuhr ich nach Köln in die Hopper Ausstellung.


Klaustrophobikern ist von musealen Besuchen an Sonntagen dringend abzuraten.
Die Menschen stapeln sich auf engsten Raum und so ist es nicht verwunderlich, dass meine Konzentration weniger den Bildern, als vielmehr den Leuten um mich herum galt. Da war z.B. dieses Pärchen, das offenbar kein Zuhause hatte und das sich nicht mit Hopper, sondern vielmehr mit der Anatomie ihrer Mandeln auseinandersetzte.
Oder die zwei Männer, Mitte 30, die Frucht ihrer Lenden in Buggys vor sich herschiebend, seninierten darüber, ob der Schrank auf einem der Bilder von Ikea stammte. Womit wieder einmal bewiesen ist, dass sich die Perspektiven und Prioritäten gewaltig ändern, wenn man Vater wird.
Überhaupt bringen scheinbar viele Menschen ihrern Nachwuchs mit ins Museum. Weniger, weil sie ihm die Kunst nahe bringen wollen, sondern eher, weil sie nicht wissen, wohin damit. Ein paar Kleinwüchsige versuchten dann sogar, sich ernsthaft mit dem gesehenen auseinanderzusetzen. Zwei 14jährige Mädchen standen vertieft vor einem Bild: "Die Bilder sind gut. Der Typ macht so viele Striche. Du weisst doch, was ich meine..."
Ja.
Faszinierend fand ich auch die zickige-Kunst-studierte-Fremdenführerin. Sie wurde es nicht leid, ständig zu betonen, dass IHRE Gruppe von 15 zahlenden Besuchern ihr zuhören dürfe und der Rest der 30 Leute, der sich um sie scharrte und andächtig an ihren Lippen hing, doch bitte weghören möge. Ihr Lieblingsthema waren die Fenster in Hoppers Bildern. Die Fenster, so wie die Augen der Menschen in den Bildern würden den Blick in die Seele der Personen offenbahren. Würden all die versteckten Gefühle zeigen.
Fand ich nicht. Da, wo normalerweise Augen sind, haben Hoppers Menschen nur dunkle Höhlen. Sie haben keine Seele, sind leer, einsam und tod. Aber genau deshalb mochte ich die Bilder. Ich wollte ihr aber nicht widersprechen, immerhin hatte ich ja nicht bezahlt.
Den Weg nach draußen konnte ich nicht finden. Daher irrte ich durch die verschlungenen Gänge des Kunstdschungels und musste mal wieder erkennen, dass ich keine Ahnung von Kunst (oder besser deren Zuordnungs-Kriterien) habe.
Mein Highlight:


Ich habe mich nicht getraut, das dazu gehörige Bild zu fotografieren, weil das wohl in Museen verboten ist. Aber der Titel beschreibt schon recht genau das Gesehene.

Danach fuhr ich ins Bayer Land. Meine Schwester wohnt seit zwei Wochen in Leverkusen.
Ich liebe Industrieanlagen. Punkt 23 meiner Projekteliste betrifft eine Fotostrecke zu genau diesem Thema. Ich bin ein Listenfetischist. Manchmal glaube ich, dass ich mehr Zeit mit dem auflisten der Dinge, die ich unbedingt machen möchte, verbringe, als mit deren tatsächlicher Umsetzung. Aber diesmal ist es mir Ernst. Ich habe im Dezember eine kleine (vollkommen unbedeutende, fern von der Öffentlichkeit stattfindende) Ausstellung mit Fotografien von Industrieanlagen. Ich glaube, niemand kann diese Faszination wirklich nachvollziehen, aber ich fühle an derlei Orten stets eine unbegründbare Euphorie. Egal ob stillgelegte marode Fabrikanlagen oder moderne Anlagen. Die Vielfalt an Linien und Formen, Oberflächen und Lichtquellen entfalten ihre ganz eigene Ästhetik. Eine Ästhetik die nicht um ihrer selbst willen erschaffen wurde, sondern aus reiner Funktionalität. Daher war mein Besuch bei meiner Schwester auch eine Art Location Besichtigung.
Ich musste allerdings feststellen, dass sich meine Begeisterung für diese "Bilder" eher auf theoretischer Ebene abspielen. Die Realität ist eher trist, vor allem, wenn man sie tagtäglich aus dem Fenster sehen muss.



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